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Die Juden und das Dritte Reich

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61 Sie sparten nicht einmal mit Ehrungen für Menschen, bei denen einwandfrei feststand, <strong>das</strong>s sie auf Befehl<br />

teilgenommen hatten an Verbrechen, die vom Gericht selbst als solche bezeichnet waren. Beispiel: Professor<br />

Balachowsky, ein in Frankreich 1932 naturalisierter Russe, Laboratoriumsleiter am Pasteur-Institut in Paris, am 16.<br />

Januar 1944 nach Buchenwald deportiert <strong>und</strong> dort dem Block 50, dem Block 'für verbrecherische Versuche' zugeteilt.<br />

Beim Zeugenverhör in Nürnberg am 29. Januar 1946 gestand er, <strong>das</strong>s seine Versuche 'buchstäblich Mord' waren (IMT<br />

Bd. VI, S. 342). Balachowsky rechtfertigte sich damit, <strong>das</strong>s er sagte "man musste die Befehle, die man erhielt,<br />

genauestens ausführen, sonst verschwand man", (a. a. 0. S. 351). Auf ihn wandte <strong>das</strong> Gericht nicht den Artikel 8 des<br />

Statuts an, weil er "verbrecherischen Befehlen gehorcht hatte", sondern er lebt - wie gesagt - bequem in Paris, mit<br />

Ehrungen überhäuft, beschimpft aus Leibeskräften die Verbrecher - <strong>und</strong> tadelt die Deutschen, die verbrecherisch genug<br />

waren, diesen Verbrechern nicht den Gehorsam zu verweigern. Darin unterscheidet sich <strong>das</strong> Nürnberger Urteil nicht<br />

von den Urteilen des Gerichtshofs in der Fabel. Und Balachowsky ist nicht der einzige Fall!<br />

Dass die Gr<strong>und</strong>lagen des Staates überhaupt erschüttert würden, beunruhigt mich<br />

nicht, auch nicht, <strong>das</strong>s der Einzelne sich bewegt fühlen könnte vor der<br />

Befolgung eines gegebenen Befehls zuerst zu untersuchen, ob er den Prinzipien<br />

des Rechtes entspricht. Was mich beunruhigt ist der Gedanke, <strong>das</strong>s der Einzelne<br />

sich genötigt fühlen könnte, zuerst zu prüfen, ob der Befehlende wirklich der<br />

Mächtigste sei unter allen, denen der Himmel oder der Zufall die Befehlsgewalt<br />

gegeben haben.<br />

Denn hier hat eine Justiz sich wieder den Satz "Macht geht vor Recht"<br />

angeeignet.<br />

Das Statut von Nürnberg wurde im übrigen seit 1945 häufig verletzt; Das<br />

Verhalten Englands in Ägypten (1952-1954), Russlands in Ungarn (1956),<br />

Frankreichs in Indochina (1945-1954) <strong>und</strong> später in Algerien (1954-1962), von<br />

Belgien, den Vereinigten Staaten <strong>und</strong> der UNO im Kongo (1958-19..), um noch<br />

zu schweigen von Mao-Tse-Tung in China <strong>und</strong> Castro in Kuba - jeder dieser<br />

Fälle ist ein Verbrechen im Sinne des Artikels 8, <strong>und</strong> doch ist nie die Rede<br />

davon gewesen, wie in Nürnberg Gericht über die Schuldigen zu halten.<br />

*<br />

Es bleiben nur noch die Gerichtsverhandlungen...<br />

Um darüber ein genaues Bild zu geben, müssten wir den Verlauf in Einzelheiten<br />

prüfen <strong>und</strong> ebenso viele Bände mit ebenso vielen Seiten füllen, wie die<br />

Niederschrift der Debatten erforderte; 23 Bände mit durchschnittlich je 600<br />

Seiten von respektablem Format für den Ersten Prozess, weitere 77 Bände für<br />

die 13 folgenden Prozesse. Trotz der Freude, die ich als begeisterter Polemiker<br />

daran finden würde, dürfte eine solche Arbeit den Rahmen dieser Studie<br />

sprengen <strong>und</strong> wäre auch mehr eine Aufgabe für Juristen als für Historiker.<br />

Ich glaube übrigens, <strong>das</strong>s ich eine ausreichende Anzahl Beispiele mit<br />

ausreichender Genauigkeit gebracht habe, um dem Leser ein deutliches Bild zu<br />

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