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Die Juden und das Dritte Reich

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Bearbeitung der Öffentlichkeit, wie sie noch nie da war, <strong>und</strong> in seltener<br />

Unanständigkeit hat sich diese Verhandlung bis zum 19. August 1965<br />

hingezogen. An diesem Tag fand sie ihren Abschluss durch Verurteilung von 18<br />

von insgesamt 21 Angeklagten zu lebenslänglichen <strong>und</strong> zeitlichen<br />

Gefängnisstrafen <strong>und</strong> 3 Freisprüchen.<br />

Es geht hier nicht darum, gegen den Prozess gr<strong>und</strong>sätzlich anzugehen. Man<br />

müsste wiederholen, was von den bedeutendsten Juristen der ganzen Welt<br />

anlässlich der Nürnberger Prozesse schon gesagt worden ist <strong>und</strong> auch anlässlich<br />

des Verfahrens, <strong>das</strong> in Jerusalem Eichmann verurteilte <strong>und</strong> <strong>das</strong> aus der Menge<br />

herausragte. Das wäre unnütz, denn so wie jene nicht gehört worden waren,<br />

würde es einem selbst ergehen. Seit zwanzig Jahren setzt eine zügellose<br />

Propaganda die öffentliche Meinung unter Druck, <strong>und</strong> man kann nur abwarten,<br />

<strong>das</strong>s sie von selbst unter der Wucht der Tatsachen aufwacht.<br />

Wir haben indessen zwanzig Monate lang einer Justizkomödie beigewohnt,<br />

deren skandalöser Charakter im Hinblick auf die einfache geschichtliche<br />

Wahrheit unwiderstehlich den Vergleich mit den Hexenprozessen des<br />

Mittelalters herausfordert. So wie tatsächlich im Mittelalter Zeugen bestätigten,<br />

<strong>das</strong>s Hexen auf Besenstielen reitend, sich zur Walpurgisnacht begeben haben,<br />

wo Hüpfaufgeister <strong>und</strong> Nachtmahre Orgienfeste feierten, <strong>und</strong> ernste <strong>und</strong> fromme<br />

Richter diese Albernheiten als feste Tatsachen annahmen <strong>und</strong> die beschuldigten<br />

Unglücklichen schließlich gestanden, so erschienen auch in Frankfurt Zeugen,<br />

die zum größten Teil von einem Staat oder einer politischen Bewegung<br />

schamlos gekauft oder gezwungen wurden <strong>und</strong> dann bestätigten, <strong>das</strong>s Tausende<br />

von Menschen in Gaskammern geworfen worden sind, von denen einwandfreie<br />

Dokumente bewiesen haben, <strong>das</strong>s die Behörden des III. <strong>Reich</strong>s sie nie haben<br />

bauen lassen. Aber Richter, die ebenso ernst aber weniger fromm waren, haben<br />

diese Zeugenaussagen als wahr angenommen <strong>und</strong> die Angeklagten selbst haben,<br />

nachdem sie zunächst alles leugneten, schließlich die gegen sie erhobenen<br />

Beschuldigungen als im wesentlichen begründet anerkannt. Und auch ihre selbst<br />

wohl gesinnten Anwälte haben nicht gewagt, mehr als mildernde Umstände zu<br />

beantragen.<br />

In einer solchen Atmosphäre blieb den unglücklichen Angeklagten nur eine Art<br />

der Verteidigung übrig, nämlich einlenken, gestehen, wie die Hexen im<br />

Mittelalter, um sich die Gunst des Gerichts zu verschaffen <strong>und</strong> ein mildes Urteil<br />

zu erlangen.<br />

Es war allerdings <strong>das</strong> übelste System der Verteidigung. Sie haben sicher nicht<br />

alles gestanden, vielleicht nur was ihnen geeignet erschien, um nicht zu schwere<br />

Folgen herbeizuführen. Aber deshalb waren es nicht weniger die<br />

unwahrscheinlichsten Dinge - ebenso unwahrscheinlich wie die Geständnisse<br />

der Hexen im Mittelalter. Da sie andererseits zunächst begonnen hatten, alles<br />

abzustreiten, so hat man daraus geschlossen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong>, was sie nicht gestehen<br />

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