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Die Juden und das Dritte Reich

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verurteilt, <strong>und</strong> nie auch nur daran gedacht, Staatsmänner, Generale <strong>und</strong><br />

Wirtschaftsführer des gewaltübenden Staates zu beschuldigen, geschweige denn<br />

vor ein internationales Strafgericht zu stellen. Und als in diesem Sommer in San<br />

Francisco die neue Weltfriedensorganisation errichtet wurde, hat man keinen<br />

Rechtssatz geschaffen, nach dem in Zukunft ein internationales Gericht die<br />

Männer, die einen ungerechten Krieg auslösen, zu Strafe verurteilen werde. Der<br />

jetzige Prozess kann sich deshalb, soweit er Verbrechen wider den Frieden<br />

ahnden soll, nicht auf geltendes Völkerrecht stützen, sondern ist ein Verfahren<br />

auf Gr<strong>und</strong> eines neuen Strafgesetzes, eines Strafgesetzes, <strong>das</strong> erst nach der Tat<br />

geschaffen wurde. <strong>Die</strong>s widerstrebt einem in der Welt geheiligten Gr<strong>und</strong>satz der<br />

Rechtspflege, dessen teilweise Verletzung im Hitler-Deutschland außerhalb <strong>und</strong><br />

innerhalb des <strong>Reich</strong>es erregt missbilligt worden ist. Es ist der Satz: Bestraft<br />

werden darf nur, wer gegen ein zur Zeit seiner Tat bereits bestehendes Gesetz<br />

verstoßen hat, <strong>das</strong> ihm Strafe androht. <strong>Die</strong>ser Satz gehört zu den großen<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen der Staatsordnung gerade der Signatarstaaten des Statuts für diesen<br />

Gerichtshof, nämlich Englands seit dem Mittelalter, der Vereinigten Staaten von<br />

Amerika seit ihrer Geburt, Frankreichs seit seiner großen Revolution, <strong>und</strong> der<br />

Sowjetunion. Und als jüngst der Kontrollrat für Deutschland ein Gesetz erließ,<br />

<strong>das</strong> die Rückkehr zu einer gerechten deutschen Rechtspflege sichern soll,<br />

verfügte er in erster Linie die Wiederherstellung des Satzes: Keine Strafe ohne<br />

ein Strafgesetz, <strong>das</strong> zur Zeit der Tat schon galt. <strong>Die</strong>ser Satz ist eben nicht eine<br />

Zweckmäßigkeitsvorschrift, sondern entspringt der Einsicht, <strong>das</strong>s sich jeder<br />

Angeklagte ungerecht behandelt fühlen muss, wenn er nach einem nachträglich<br />

geschaffenen Gesetz bestraft wird.<br />

<strong>Die</strong> Verteidiger aller anwesenden Angeklagten würden ihre Pflicht verletzen,<br />

wenn sie <strong>das</strong> Verlassen des geltenden Völkerrechts <strong>und</strong> die Zurücksetzung eines<br />

allgemein anerkannten Gr<strong>und</strong>satzes der modernen Strafrechtspflege schweigend<br />

hinnähmen <strong>und</strong> Bedenken unterdrückten, die heute auch außerhalb Deutschlands<br />

offen ausgesprochen werden. <strong>Die</strong>s umso mehr, als die Verteidigung einhellig<br />

überzeugt ist, <strong>das</strong>s dieser Prozess auch dann, ja gerade dann in hohem Maße<br />

dem Fortschritt der Weltordnung dienen könnte, wenn er sich nicht vom<br />

geltenden Völkerrecht entfernt. Er müsste sich eben dort, wo wegen Taten<br />

angeklagt wird, die zu ihrer Zeit nicht unter Strafandrohung standen, darauf<br />

beschränken, umfassend zu untersuchen <strong>und</strong> dann festzustellen, was geschehen<br />

ist, wobei die Verteidigung mit allen Kräften als echter Gehilfe des Gerichtes<br />

mitarbeiten wird. <strong>Die</strong> Staaten der Völkerrechtsgemeinschaft müssten dann unter<br />

der Wucht dieser richterlichen Feststellung in rechtsschöpferischer<br />

Vereinbarung die Männer, die in Zukunft schuldhaft einen ungerechten Krieg<br />

beginnen, mit der Bestrafung durch ein internationales Gericht bedrohen.<br />

<strong>Die</strong> Verteidigung ist weiter der Anschauung, <strong>das</strong>s auch andere Normen<br />

strafrechtlichen Inhalts in dem Statut den Rechtsgr<strong>und</strong>satz: "Nulla poena sine<br />

lege" gegen sich haben.<br />

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