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Die Juden und das Dritte Reich

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Wenn ich nun aus dem Vorhergehenden folgere, <strong>das</strong>s es überhaupt keine<br />

unabänderlichen Verträge gibt, so glaube ich nicht, <strong>das</strong>s man diesen Schluss als<br />

leichtfertig anprangern kann. In dem Stil, der bis Versailles Mode war, waren<br />

Verträge nicht unabänderlich, weil sie nur <strong>das</strong> jeweils gegebene Verhältnis der<br />

Kräfte fixierten, <strong>das</strong> sich ständig ändert, weil jeder geschichtliche Augenblick<br />

sein eigenes Kräfteverhältnis hat, <strong>das</strong> mit Gewalt den Vertrag zerbricht, der in<br />

einem vorherigen Gewaltausbruch fixiert wurde.<br />

Es ist eine Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt, ein geschlossener<br />

Kreis, <strong>und</strong> aus einem solchen Kreis kann man sich nur befreien, indem man ihn<br />

zerschlägt; vielleicht ist mit diesem Hinweis der richtige Moment gekommen für<br />

einen Überblick über die Versuche, die bisher unternommen wurden, um diesen<br />

schrecklichen Kreis zu zerschlagen. Dabei wird man erkennen, in welchem,<br />

zwar nicht originellen, aber doch recht kuriosen geschichtlichen Rahmen der<br />

Versailler Vertrag <strong>und</strong> der Nürnberger Prozess zu Hause sind.<br />

Gegen Ende des XIX. <strong>und</strong> am Anfang des XX. Jahrh<strong>und</strong>erts setzte sich in den<br />

geistigen Strömungen jener Zeit die Idee einer Ablehnung des Krieges aus<br />

Gewissensgründen durch. Sie erfasste sowohl die Arbeiterbewegung wie die<br />

öffentliche Meinung <strong>und</strong> veranlasste fast alle Regierungen dazu, zuerst eine<br />

Humanisierung des Krieges ins Auge zu fassen <strong>und</strong> als weiteres Ziel eine<br />

Ungesetzlicherklärung anzustreben: die auf den internationalen Konferenzen<br />

von Den Haag 1899 <strong>und</strong> 1907 erarbeiteten Konventionen müssen als Äußerung<br />

dieses erwachenden Gewissens angesehen werden. 16<br />

Erstes Paradoxon: Es war nicht Frankreich, <strong>das</strong> sich gern brüstet, Urheber aller<br />

humanitären Ideen zu sein, sondern <strong>das</strong> zaristische Russland, <strong>das</strong> 1899 die<br />

Initiative ergriff, <strong>und</strong> auch 1907 war es wieder nicht Frankreich, sondern die<br />

Vereinigten Staaten. Frankreich war damit beschäftigt, seine Revanche gegen<br />

Deutschland vorzubereiten, die Revanche für den Frieden von Frankfurt, <strong>und</strong><br />

dieser Aufgabe widmete es sich mit Leib <strong>und</strong> Seele. Trotzdem nahm es an den<br />

Konferenzen teil <strong>und</strong> unterschrieb die dabei ausgearbeiteten Entschließungen.<br />

Ein weiteres Paradoxon: In dem Maße, in dem die Konferenzen jener Periode in<br />

der öffentlichen Weltmeinung an Gunst gewannen (27 Teilnehmer 1899, 44 im<br />

Jahre 1907) <strong>und</strong> wie in den unterschriebenen Entschließungen Maßnahmen<br />

festgelegt wurden, durch die Kriege vermieden oder zumindest ihre Ausweitung<br />

<strong>und</strong> unhumane Führung verhindert werden sollte, - in gleichem Maße wuchsen<br />

auch alle die Spannungen, die in ihrer Häufung den Krieg von 1914<br />

unausweichlich machten. Viele ehrenwerte Leute haben damals gedacht, <strong>das</strong>s<br />

die meisten Teilnehmer an den Haager Konferenzen nichts anderes im Sinne<br />

hatten, als die Menschheit hinters Licht zu führen. - Kurz: vom 2. August 1914<br />

bis zum 11. November 1918 wurde gekämpft. <strong>Die</strong> Friedensverhandlungen<br />

begannen am 19. Januar 1919 in Paris <strong>und</strong> am 28. Juni 1919 wurde in Versailles<br />

der Vertrag unterzeichnet, der Kriegszustand offiziell beendet. <strong>Die</strong><br />

Bedingungen, unter denen der Vertrag ausgearbeitet <strong>und</strong> unterschrieben wurde,<br />

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