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Die Juden und das Dritte Reich

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Nord- <strong>und</strong> Mitteleuropa sowie auf dem Balkan, konnten nach dem<br />

Zusammenbruch Russlands (1917) <strong>und</strong> Österreich-Ungarns (1918) viele<br />

Völkerschaften größere Selbständigkeit gewinnen. Sie waren vorher mit Gewalt<br />

der Botmäßigkeit Russlands bzw. Österreich-Ungarns unterstellt gewesen. Es<br />

ergaben sich zwei große Gruppen: die einen wünschten unabhängige<br />

Nationalstaaten zu gründen (Finnen, Letten, Litauer, Esten, Ukrainer), die<br />

anderen wollten sich mit verwandten Völkerschaften zusammenschließen, um so<br />

<strong>das</strong> gleiche Ziel zu erreichen (Polen, Tschechoslowakei, Jugoslawien). <strong>Die</strong><br />

Politik des Widerstandes gegen den slawischen Druck, die von Karl dem Großen<br />

bis Bismarck 92 germanische Tradition war <strong>und</strong> unter der Bezeichnung "Drang<br />

nach Osten" in die Geschichte einging, war so geschickt gewesen, <strong>das</strong>s<br />

innerhalb der Grenzen Deutschlands keine der im Lauf der Jahrh<strong>und</strong>erte<br />

aufgesaugten Volksgruppen den geringsten Wunsch nach Unabhängigkeit<br />

zeigte. Im Gegenteil: außerhalb seiner Grenzen bestanden starke<br />

deutschfre<strong>und</strong>liche Strömungen.<br />

<strong>Die</strong> Teilnehmer an der Pariser Konferenz sahen sich da einem richtigen<br />

Rätselspiel gegenüber. Wenn sie sich vom Selbstbestimmungsrecht der Völker<br />

leiten ließen, mussten sie zu einem recht mächtigen Deutschland gelangen, <strong>das</strong><br />

von einem Dutzend kleiner, unter seinem Einfluss stehender unabhängiger<br />

Staaten umgeben war.<br />

________________<br />

92 Im Jahre 800 hatten die Slawen die Elbe <strong>und</strong> <strong>das</strong> Adriatische Meer erreicht, wo ein Stamm mongolischen<br />

Ursprungs, die Awaren, zu ihnen gestoßen war. Karl der Große trieb sie bis zur Weichsel zurück. Um ihre Wanderung<br />

nach dem Südwesten abzufangen, hatte er am Mittellauf der Donau einen unter seinem Schutz stehenden Staat, die<br />

Ostmark, gegründet, die nach ihrer Germanisierung Österreich genannt wurde. Der Widerstand gegen die Slawen<br />

verwandelte sich rasch in einen germanischen Druck, der sich von Pommern aus über Preußen in Richtung auf die<br />

Ukraine wandte. Durch die napoleonischen Kriege wurde dieser Drang nach Osten geschwächt <strong>und</strong> Bismarck war dann<br />

unvorsichtig genug, die Kräfte des <strong>Reich</strong>es zu einem Stoß nach Westen einzusetzen. Im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert machten<br />

England <strong>und</strong> Frankreich es erst Wilhelm II., dann der Weimarer Republik <strong>und</strong> schließlich Hitler unmöglich, zur<br />

traditionellen Politik des Drucks nach Osten zurückzukehren.<br />

Das war aber genau <strong>das</strong> Gegenteil von dem, was sie erreichen wollten. Sie<br />

stützten sich darum auch nur in den seltensten Fällen auf <strong>das</strong><br />

Selbstbestimmungsrecht, nämlich nur dann, wenn sie gar nicht mehr anders<br />

konnten. In Gebieten, wo sie Volksabstimmungen abhalten ließen, wussten sie<br />

die Grenzen der Wahlkreise so raffiniert zu ziehen, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Ergebnis eine klare<br />

Fälschung des Volkswillens darstellte. 93 Präsident Wilson musste Enttäuschung<br />

auf Enttäuschung erleben. <strong>Die</strong> Grenzlinie zwischen Slawen <strong>und</strong> Germanen<br />

verläuft fast gerade von Petsamo am Nördlichen Eismeer nach Lemberg im<br />

Süden des heutigen Polen, dann schlängelt sie sich nach Triest über Prag <strong>und</strong><br />

Budapest. Aber entlang dieser Grenzlinie befanden sich zahlreiche andere<br />

Stämme <strong>und</strong> Gruppen: im Laufe der großen Völkerwanderung hatte sich Welle<br />

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