31.10.2013 Aufrufe

Die Juden und das Dritte Reich

Die Juden und das Dritte Reich

Die Juden und das Dritte Reich

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Sitze ein, behielt freilich die absolute Mehrheit. <strong>Die</strong> nächsten Wahlen durften<br />

also nicht unter einem solchen Schatten stattfinden: Kasztner legte Berufung ein,<br />

<strong>das</strong> Oberste Gericht kassierte <strong>das</strong> Urteil am 20. Januar 1957. Der neue Prozess<br />

wurde eine noch schlimmere Wiederholung des ersten ...<br />

Ob die Regierung Ben Gurions nun einen Druck ausübte oder nicht - weil die<br />

Anti-Ben-Gurions Partei wuchs <strong>und</strong> durch die Debatten sich immer mehr<br />

verbreitete <strong>und</strong> immer genauer zielte - jedenfalls ließ <strong>das</strong> Oberste Gericht<br />

durchsickern, <strong>das</strong>s, seiner Ansicht nach, der Journalist verurteilt werden müsse,<br />

damit Ben Gurion nicht die Mehrheit einbüßte, <strong>und</strong> diese Haltung zog eine noch<br />

größere Aufregung der öffentlichen Meinung nach sich. Am 5. März 1957, zwei<br />

Monate nach der Eröffnung des Prozesses, dessen Debatten schon ins Uferlose<br />

zu schweifen <strong>und</strong> ein katastrophales Chaos hervorzurufen drohten, wurde Dr.<br />

Kasztner nach der Beendigung der 44. Sitzung auf den Treppen des<br />

Justizpalastes angeschossen <strong>und</strong> schwer verw<strong>und</strong>et. Täter war ein Terrorist,<br />

dessen Pistole von den maßlosen Angriffen gelenkt wurde, die die äußerste<br />

Rechte, die Rechte <strong>und</strong> die äußerste Linke in stillschweigendem Einvernehmen<br />

gegen Ben Gurion richteten. Dr. Kasztner starb einige Tage später.<br />

So endete der Prozess in einer Form, die für alle Seiten eine große Erleichterung<br />

bedeutete: Kasztners Mörder wurde weiter nicht belästigt. Im August 1958<br />

wurde Dr. Kasztner dann rehabilitiert durch ein Urteil, <strong>das</strong> seinen Ankläger nicht<br />

verurteilte. Und in einer Atmosphäre, die vielleicht nicht als Ausdruck der<br />

nationalen Einigkeit bezeichnet werden konnte, die aber jedenfalls durch dieses<br />

"salomonische Urteil" von ihren allergiftigsten Elementen gereinigt war,<br />

beschloss man, nicht mehr von der Sache zu sprechen. Um die Zwietracht nicht<br />

wieder heraufzubeschwören, einigte man sich auch leichten Herzens, aus<br />

Gründen der Staatsräson, den Kasztnerbericht nicht zu veröffentlichen, <strong>das</strong><br />

heißt, ihn nicht allgemein zugänglich zu machen.<br />

Dann kam der Eichmann-Prozess: um Becher rein zu waschen, hatte Kasztner<br />

Eichmann die ganze Verantwortung für die Deportation <strong>und</strong> ihre Schrecken<br />

aufgebürdet. Somit wurde Kasztner ein Hauptzeuge: im Einverständnis mit der<br />

israelischen Regierung ließen Kasztners Erben den Bericht im Verlag Kindler,<br />

München, veröffentlichen, mit einem Vorwort des Professor Carlo Schmid,<br />

eines B<strong>und</strong>estagsabgeordneten der SPD. Es durfte nichts unterlassen werden, um<br />

die Verurteilung Eichmanns in den Augen der Welt zu rechtfertigen. In der<br />

Form allerdings, in dem er vorlag, konnte der Kasztnerbericht von einem<br />

geschickten Anwalt doch zu Eichmanns Entlastung verwendet werden, denn er<br />

säte Zweifel an der Richtigkeit der offiziellen Angaben über die Behandlung der<br />

<strong>Juden</strong> in den Lagern, <strong>und</strong> über die Vergasungen, die im Lager Auschwitz<br />

stattgef<strong>und</strong>en haben sollten.<br />

Der Bericht musste also ein wenig geändert werden - <strong>und</strong> man schreckte nicht<br />

davor zurück. Es ist mir nicht ohne List gelungen, Einblick in den<br />

Originalbericht zu erhalten. Ein Vergleich des Originals mit der deutschen<br />

228

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!