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Die Juden und das Dritte Reich

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96 Österreich-Ungarn war eine "Doppelmonarchie" <strong>und</strong> setzte sich nach dem Gr<strong>und</strong>gesetz vom 21. Dezember 1867<br />

aus zwei Staaten zusammen, die durch die Lietha, einem linken Nebenfluss der Donau, getrennt waren: <strong>das</strong> Kaiserreich<br />

Österreich mit der Hauptstadt Wien <strong>und</strong> <strong>das</strong> Königreich Ungarn mit der Hauptstadt Budapest. Ersteres umschloss 17<br />

weitgehend autonome Königreiche oder Länder mit je einem Vertreter des Kaisers an der Spitze: Niederösterreich,<br />

Oberösterreich. Steiermark, Kärnten, Krain, <strong>das</strong> Küstenland (Istrien, Triest <strong>und</strong> Görtz), Dalmatien, Tirol, Vorarlberg,<br />

Salzburg, Böhmen, Mähren, Schlesien, Galizien <strong>und</strong> <strong>das</strong> Buchenland.<br />

Ungarn war in 63 Komitate <strong>und</strong> 25 freie <strong>Reich</strong>sstädte aufgeteilt. Komitate <strong>und</strong> freie Städte bildeten autonome<br />

Gemeinden, an deren Spitze ein Präfekt stand. <strong>Die</strong> beiden Staaten waren voneinander unabhängig mit Ausnahme der<br />

Außenpolitik, der Verteidigung <strong>und</strong> der Finanzen. Ein Parlament in Wien (Abgeordnetenkammer <strong>und</strong> Herrenhaus), ein<br />

anderes in Budapest (Abgeordnetenkammer <strong>und</strong> Magnatenhaus). In Ungarn hatte Kroatien-Slawonien (1868) die<br />

Unabhängigkeit erhalten - mit Ausnahme einiger gemeinsamer Angelegenheiten: ein Landtag tagte in Agram, 40<br />

Abgeordnete saßen in der ungarischen Kammer. Bosnien <strong>und</strong> die Herzegowina wurden bis 1908 von einem Österreichungarischen<br />

Kondominium (gemeinsame Minister) im Namen des Sultans verwaltet. Von da an bildeten sie einen Teil<br />

der Doppelmonarchie <strong>und</strong> hatte eine ähnliche Regierungsform wie Kroatien-Slawonien mit der Ausnahme, <strong>das</strong>s sie<br />

zwar einen Landtag <strong>und</strong> eine Provinzialregierung hatten, <strong>das</strong>s die Oberherrschaft aber durch einen Militärgouverneur<br />

im Namen des Kaisers ausgeübt wurde, was unleugbar Willkür <strong>und</strong> Unterdrückung bedeutete. In ihrer Gesamtheit<br />

waren diese 17 Königreiche, 65 Komitate <strong>und</strong> 25 freie Städte - mit Ausnahme der unterworfenen Gebiete Bosnien <strong>und</strong><br />

Herzegowina - untereinander durch eine Art föderalistisches, alles in allem ziemlich geschmeidiges <strong>und</strong> tolerantes<br />

System verb<strong>und</strong>en. Außer den Bosniaken <strong>und</strong> Herzegowinern versuchten auch die Tschechen, die <strong>das</strong> Gr<strong>und</strong>gesetz von<br />

1667 recht ungern hingenommen hatten, die im Parlament in Budapest kaum vertretenen Slowaken, die zwischen<br />

Magyaren, Ruthenen <strong>und</strong> Deutschen aufgeteilten Galizier, sowie die stets gegen die Magyaren eingenommenen<br />

Kroaten einige Schwierigkeiten. Aber diese Schwierigkeiten waren mehr durch die "Magyarisierung" geschaffen, die<br />

von der autoritären Budapester Regierung <strong>und</strong> der dort herrschenden Kaste gr<strong>und</strong>sätzlich angestrebt wurde, als durch<br />

die viel großzügigere Kaiserliche Krone, die allerdings auch nicht viel mit diesen Angelegenheiten zu tun hatte.<br />

Als Bollwerk Europas drängten sie die ottomanischen Eindringlinge durch ihre<br />

recht kluge Politik mit den Moldau-Walachen (Rumänen) <strong>und</strong> den Bulgaren<br />

langsam aber sicher nach Asien. Österreich-Ungarn bildete also gleichzeitig im<br />

Süden ein Bollwerk gegen die Slawen, während Deutschland diese Aufgabe im<br />

Norden übernommen hatte. Das politische Streben war auf eine fortschreitende<br />

friedliche Eindeutschung aller seiner Völkerschaften gerichtet <strong>und</strong> es hätte diese<br />

doppelte Mission auch erfolgreich durchgeführt, wenn seine Staatsmänner im<br />

20. Jahrh<strong>und</strong>ert nicht so engstirnig gewesen wären. So reagierten beispielsweise<br />

Graf Berchtold, Außenminister, <strong>und</strong> Graf Tisza, der Vorsitzende des Staatsrates,<br />

nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers <strong>und</strong> seiner Gattin in<br />

Sarajewo (28. 6. 1914) durch den Studenten Prinzip <strong>und</strong> seine Komplizen nicht<br />

als Staatsmänner sondern als in Standesvorurteilen befangene Menschen.<br />

Der 84jährige Kaiser Franz-Josef konnte die Lage nicht mehr richtig beurteilen<br />

oder eine andere Politik durchsetzen, nicht einmal mit Hilfe der weit klügeren<br />

Vorschläge des realistischeren Kaisers Wilhelm II. <strong>und</strong> seines Kanzlers von<br />

Bethmann-Hollweg. 97 Der Zusammenbruch Österreich-Ungarns lässt sich in<br />

wenigen Daten schildern:<br />

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