Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald

116 Die Familie Glinde,
einen immerhin nicht unbedeutenden Besitz erworben und war
mit angesehenen Geschlechtern verschwägert. Hier mag noch
eins hervorgehoben werden. Nirgends finden wir die leiseste
Andeutung von einem Conflicte eines ihrer Mitglieder mit
dem Landesherrn; das vorletzte Haupt der Familie bekleidete
sogar eine Zeit lang ein wichtiges Amt bei Herzog Philipp 1.
Auch ihre Differenzen mit der Stadt Stettin waren, wie wir
sahen, ausschließlich privatrechtlicher Natur und hinderten sie
nicht, auch fernerhin durch das Vertrauen ihrer Mitbürger
im Rathe zu sitzen. Wäre, so darf man fragen, ein solches
Verhältniß denkbar gewesen, wenn ihr Ahnherr als Bürger-
meister die ihm anvertraute Stadt verrathen, auf seiner Fa-
milie also ein solcher Makel gelastet hätte? Würde wo nicht
der Rath, so doch sicher der Landesherr den Verräther nicht
verfestet haben? Man denke nur an die strenge Bestrafung
des doch nicht so schuldigen Arnd Ramin durch Herzog Bo-
gislav 1503. Indessen sind diese Erwägungen keine Beweise,
und wir sind somit auf eine Prüfung der Berichte Kanzows
angewiesen, wenn wir über die Frage Klarheit gewinnen wollen,
ob Glinde der Verräther war. Wir sahen oben, daß er von
diesen Berichten abgesehen politisch gar nicht hervortritt.
Unter den pommerschen Quellen nimmt als die ihrer
Entstehung nach zeitlich den Ereignissen am nächsten stehende,
nach Kosegarten von einem Zeitgenossen verfaßte Orouiea äs
8t6ttÌQ6Q8Ì 6t komyrani^G F68t0lum inter U^rla.Iiä6Iidui'F6I1868
6t äuC68 8t6ttÌQ6Q868") den
ersten Platz ein. In dieser Chronik allein finden wir im
Gegensatze zu den späteren Darstellungen Bugenhagens, Kan-
zows, Eickstedts eine zwar knapp zusammengedrängte, doch
alle wichtigen Momente hervorhebende klare Darlegung der
politischen und militärischen Vorgänge im Erbstreite: den Tod
Ottos, den von Seiten der Markgrafen ") Friedrich und Albrecht
erhobenen Anspruch auf das nach ihrer Auffassung mit demselben
") Balt. Stud. XVI., 2, S. 73 f.
") Sie heißen fälschlich m-ckimarg calci hier statt