Baltische Studien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald

22 Gründung des Klosters Stolp,
des letzteren Nachfolger in Bergen, Sidagus, sehen wir (1042)
in gleicher Weise wie ein Jahrhundert später unser Stolsi,
ein anderes neugegründetes Benedictinerkloster, das zu Minden
in Westfalen, von hier aus mit Mönchen befetzt werden.
Während mit den nun folgenden beiden Aebten, wie fast überall
in der Klosterwelt um diese Zeit, auch in Bergen ein Zurücksinken
von der früheren geistigen Höhe stattfand,^) trat unter
dem nächsten Vorsteher der Stiftung, Hildebold, dem 13. Abte,
dasjenige ein, was nothwendig geschehen mußte, wenn nicht ein
völliger Verfall hereinbrechen sollte: es wurde die sogenannte
Clugnysche Reform hier, wie früher oder später in den
meisten Benedictinerklöstern Deutschlands, vollzogen. Diese bestand
nicht blos in einer Wiederherstellung der alten Regel,
sondern suchte auch durch Hinzufügung neuer und schärferer
Bestimmungen (so das Verbot des Fleischgenusses, außer in
Krankheitsfällen) einem Wiedereinreißen der früheren Zuchtlosigkeit
vorzubeugen. Indessen wurde diese Strenge, die zugleich
die wissenschaftlichen Bestrebungen der Benedictinermönche, also
gerade den Hauptvorzug bedrohte, den sie in unsern Augen vor
andern Orden hatten, nicht überall in gleicher Weise geübt
und durchgeführt.
Abt Hildebold übertrug die Reform auf das Kloster
Bergen in derjenigen Art, wie sie in dem Condente heimisch
geworden war, aus welchem man ihn dorthin berufen hatte,
^) Wir halten es für überflüssig, hier im Einzelnen auf die Miß»
stände einzugehen, durch welche der Verfall des Klosterlebens in dieser
Zeit, in der Mitte des 11. Jahrhunderts, herbeigeführt wurde. Ist
es ja doch bekannt genng, wie das ganze Kirchenwesen von seiner höchsten
Spitze, dem päbstlichen Hofe, bis herab zu dem niedersten Kleriker, in
weltliches, ja zum Theil gemeines Treiben versunken und dem Spott
wie der Verachtung der Laienwelt mehr und mehr anheimgefallen war,
so daß ein Aufraffen für alle Theile dringend geboten erschien, das
denn auch vornehmlich durch die, wie wir allerdings sagen müssen,
übermäßige und über das Ziel hinausschießende Strenge und Energie
des Pabstes Gregor 7. herbeigeführt wurde. Vgl. Wattenbachs treffendes
Urtheil in seinem^erke über die Geschichtsquellen des Mittelalters
S. 265. ^