Herman Nohl und die NS-Zeit
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III. Nach 1945<br />
Erleben <strong>und</strong> mit der Kenntnis der Geschichte der Pädagogik in Deutschland hier im<br />
Einzelnen, wenn er denn gewollt hätte, viel beitragen können. Das hätte aber erfordert,<br />
anstatt allgemeiner Forderungen konkret in den Schriften der führenden Köpfe der<br />
„deutschen Bewegung“ <strong>und</strong> der „pädagogischen Bewegung“ alle Fehler, Halbheiten <strong>und</strong><br />
Einseitigkeiten aufzudecken, <strong>die</strong> dazu führen konnten <strong>und</strong> es erleichterten, dass ihre<br />
Namen von der <strong>NS</strong>-Pädagogik missbraucht <strong>und</strong> einzelne ihrer Ideen sehr gekonnt<br />
genutzt <strong>und</strong> gebraucht wurden. Stattdessen bleibt es bei <strong>die</strong>sen allgemein richtigen<br />
Worten <strong>Nohl</strong>s vor den zuhörenden englischen Pädagogen <strong>und</strong> er wendet sich „ange-<br />
sichts der Volkszerstörung“ wieder der elementaren Geistigkeit, den Seelen zu: „Sitte<br />
<strong>und</strong> Kunstfreude, Frömmigkeit <strong>und</strong> Lebensk<strong>und</strong>e“ (<strong>Nohl</strong>: Wesen der Erziehung, 1948,<br />
S. 289).<br />
8. Schuld <strong>und</strong> Aufgabe der Pädagogik (1954) 150<br />
Noch 1954, im Aufsatz „Schuld <strong>und</strong> Aufgabe der Pädagogik“, fragt <strong>Nohl</strong>, „wie es<br />
möglich war, dass 1933 <strong>die</strong> ganze ideal gestimmte Jugend mit geringen Ausnahmen<br />
sich vom Nationalsozialismus begeistern ließ“ (<strong>Nohl</strong>: Schuld <strong>und</strong> Aufgabe, 1954,<br />
S. 447). Wenn <strong>Nohl</strong> weiter als einen von vielen Gründen <strong>die</strong> „Schuld der Pädagogik“<br />
(<strong>Nohl</strong>: Schuld <strong>und</strong> Aufgabe, 1954, S. 447) angibt, schreibt er eigentlich über sich selbst,<br />
ohne <strong>die</strong>s ausdrücklich zu sagen, da er ja der Bejahung des Nationalsozialismus nicht<br />
nur nicht entgegengetreten ist, sondern sie den Erziehern trotz einzelner Einwände sehr<br />
deutlich schon 1932 empfohlen hat.<br />
<strong>Nohl</strong> betont ausdrücklich – im Jahr 1954 –, was für ihn das Beste der pädagogischen<br />
Reformbewegung war, nämlich der Wille „zu einer neuen Volksgemeinschaft“ (<strong>Nohl</strong>:<br />
Schuld <strong>und</strong> Aufgabe, 1954, S. 447). Von Schuld der Pädagogik, <strong>die</strong> gerade noch das<br />
Thema war, ist nun nicht mehr <strong>die</strong> Rede, denn ohne Einschränkung behauptet <strong>Nohl</strong>:<br />
„Die Pädagogik selbst wurde vom Nationalsozialismus kaltgestellt <strong>und</strong> hatte kein<br />
eigenes Wort mehr zu sagen, alle ihre Erfindungen wurden von ihm übernommen,<br />
aber in seine politische Form gebracht, wenn auch in der Verborgenheit an vielen<br />
Stellen das pädagogische Gewissen wach blieb <strong>und</strong> echt pädagogisch gearbeitet<br />
wurde, sogar in nationalsozialistischen Formationen wie in dem Weiblichen Arbeits<strong>die</strong>nst<br />
oder im Landjahr.“ (<strong>Nohl</strong>: Schuld <strong>und</strong> Aufgabe, 1954, S. 447)<br />
150 <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Schuld <strong>und</strong> Aufgabe der Pädagogik. Erich Weniger zum 11.9.1954 in Fre<strong>und</strong>schaft<br />
gewidmet, in: Die Sammlung. <strong>Zeit</strong>schrift für Kultur <strong>und</strong> Erziehung, 9. Jg. (1954), S. 446–449.<br />
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