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Herman Nohl und die NS-Zeit

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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />

als Zeugen für <strong>die</strong> Notwendigkeit der Rede für das nationale Ethos <strong>und</strong> gegen <strong>die</strong><br />

„Wurzellosigkeit des Intellekts“ auf (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 94).<br />

Und wieder schildert er <strong>die</strong> Lage so: Alle Elemente sind vorhanden, aber sie müssen<br />

zusammengefasst werden. Und das habe für den Nationalsozialismus Arthur Rosenberg<br />

geschaffen:<br />

„In der Gegenwart hat der Faschismus <strong>die</strong> Bedeutung des Mythos wieder gewonnen.<br />

Sorel. 106 Für den Nationalsozialismus hat sie A. Rosenbergs Buch ‚Der Mythos [sic!]<br />

des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts‘ zu formulieren gesucht. In dem dritten Buch ‚Das kommende<br />

Reich‘ überschreibt er das erste Kapitel ‚Mythos <strong>und</strong> Typus‘. ‚Die nicht fassbare<br />

Zusammenfassung aller Richtungen des Ich, des Volks, überhaupt einer Gemeinschaft<br />

macht seinen Mythos aus‘ (459). ‚Als natürliche Abwehr gegen <strong>die</strong> Weltgefahr<br />

des Chaos geht ein neues Erleben wie ein unfassbares Fluidum über den Erdball,<br />

welches <strong>die</strong> Idee des Volkstums <strong>und</strong> der Rassen instinktiv <strong>und</strong> bewusst ins Zentrum<br />

des Denkens stellt, verb<strong>und</strong>en mit den organisch gegebenen Höchstwerten einer jeden<br />

Nation, um welche ihr Fühlen kreist, welche ihren Charakter <strong>und</strong> <strong>die</strong> Farbigkeit<br />

ihrer Kultur von jeher bestimmten. Als Aufgabe wird plötzlich von Millionen erfasst,<br />

was zum Teil vergessen, zum Teil vernachlässigt worden war: ein Mythos zu erleben<br />

<strong>und</strong> einen Typus zu schaffen <strong>und</strong> aus <strong>die</strong>sem Typus heraus Staat <strong>und</strong> Leben zu bauen.<br />

Jetzt fragt sich nur, wer inmitten eines Gesamtvolkes dazu berufen ist, <strong>die</strong> typenbildende<br />

Architektonik zu entwerfen <strong>und</strong> durchzusetzen?‘ (481)“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung,<br />

1933/34, S. 95 f.)<br />

<strong>Nohl</strong> lernt hier von Arthur Rosenbergs „Der Mythus des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts“. Das gilt es<br />

zunächst festzuhalten. 107 <strong>Nohl</strong> sieht nicht nur sehr klar das Ziel des nationalen Mythos,<br />

er sieht auch <strong>die</strong> Wege <strong>und</strong> Methoden, nämlich das Symbol als Mittel der Ausrichtung:<br />

„Ein überwältigender Eindruck <strong>die</strong>ser neuen mythenbildenden Kraft ist das Wiedererscheinen<br />

des Symbolwillens. Das Symbol ist das sichtbare Zeichen eines unerschöpflichen<br />

höheren Gehalts, <strong>und</strong> es gehört keinem Einzelnen sondern immer einem<br />

Wir, – das sind seine zwei Wesenszüge. Seine Macht beruht auf einer Doppelheit,<br />

dass der Geist in ihm sichtbar wird, nicht mehr übersehbar, unmittelbar gegenwärtig<br />

<strong>und</strong> mahnend, <strong>und</strong> dass es Ausdruck <strong>und</strong> Bindung der Gemeinschaft ist. Die Fahne,<br />

der Gruß, <strong>die</strong> Nationalhymne, – das begrifflich nicht formulierbare Ziel der Gemeinschaft<br />

kommt hier in dem Medium der Phantasie fordernd <strong>und</strong> erinnernd zum Be-<br />

der sich sein nationales Ethos gestaltete, darzustellen.“ (Leipzig/Berlin 1933, hier zitiert nach der 2.<br />

unveränderten Auflage, Stuttgart 1957, S. III)<br />

106 Sorel mit seiner 1908 erschienenen Schrift „Les illusions du progrès“ (Paris 1908) gilt als von<br />

Mussolini ausgewerteter Theoretiker des (faschistischen) Mythos. Siehe dazu: Sternhell, Zeev/Sznajder<br />

Mario/Asheri Maia: Die Entstehung der faschistischen Ideologie. Von Sorel zu Mussolini, Hamburg<br />

1999. Aktuell dazu erschienen ist: Lenk, Kurt: „Das Problem der Dekadenz seit Georges Sorel“, in: Heiko<br />

Kauffmann, Helmut Kellershohn, Jobst Paul (Hg.): Völkische Bande. Dekadenz <strong>und</strong> Wiedergeburt.<br />

Analysen rechter Ideologie, Münster 2005, S. 49–63.<br />

107 Die eigene Broschüre Litts 1938 gegen das Buch Rosenbergs spricht da eine ganz andere Sprache.<br />

Siehe Litt, Theodor: Der deutsche Geist <strong>und</strong> das Christentum. Vom Wesen geschichtlicher Begegnungen,<br />

Leipzig 1938.<br />

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