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Herman Nohl und die NS-Zeit

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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />

Blochmann weiß sicherlich schon, dass das Geschriebene <strong>und</strong> Dokumentierte eine<br />

solche Apologie nicht ermöglicht <strong>und</strong> weicht daher auf das „Gewollte“ aus. Die Wen-<br />

dung <strong>Nohl</strong>s zum Nationalpädagogischen, auch das weiß Blochmann sicherlich genau,<br />

ist eine Wendung hin zum Völkischen, auch wenn in <strong>die</strong>ser einen Schrift der Begriff<br />

„völkisch“ nicht vorkommen mag.<br />

Blochmann kennt offensichtlich auch <strong>die</strong> Passage <strong>Nohl</strong>s über <strong>die</strong> Bejahung des Nationalsozialismus<br />

<strong>und</strong> polemisiert vorbeugend gegen mögliche Kritiken, <strong>die</strong><br />

„jede Bejahung des Nationalen in der damaligen <strong>Zeit</strong> als wegbereitend für das Böse<br />

(…) verdammen. Man wird aber erkennen müssen, dass in den letzten Jahren der<br />

Weimarer Republik der Nationalsozialismus unter der Jugend auch deshalb so rasch<br />

Boden gewann, weil für sie kaum irgendwo sonst ein klares Ziel zu erkennen war,<br />

das positive Aufgaben stellte, <strong>die</strong> ihren Aufbauwillen wachriefen <strong>und</strong> in <strong>die</strong> Zukunft<br />

wiesen.“ (Blochmann 1969, S. 129)<br />

Indem Blochmann das bekannte „Bejahungs-Zitat“ <strong>Nohl</strong>s aus dem Jahr 1932 hier allein<br />

auf <strong>die</strong> Jugend (<strong>und</strong> nur auf den Nationalismus, nicht den Nationalsozialismus) be-<br />

zieht 175 <strong>und</strong> wegoperiert, dass es <strong>Nohl</strong> darum ging, was „jeder Erzieher“ im Nationalso-<br />

zialismus bejahen müsse, hat sie auch hier das verantwortungslose öffentliche Programm<br />

der Annäherung <strong>Nohl</strong>s an den Nationalsozialismus doppelt kaschiert <strong>und</strong><br />

vertuscht.<br />

Ihre Ausführungen über „Göttingen 1933–1945“ sind <strong>die</strong> Blaupause aller nachfolgenden<br />

Rechtfertigungen des Verhaltens <strong>Nohl</strong>s überhaupt. Als Argument gegen eine<br />

Emigration nach dem Tod seiner Frau (<strong>Nohl</strong>s Kinder lebten in Großbritannien <strong>und</strong> <strong>Nohl</strong><br />

hatte sich immerhin um eine Professur in England beworben), behauptet Blochmann,<br />

<strong>Nohl</strong> habe durch seine Emigration anderen Menschen keinen „Arbeitsplatz“ wegnehmen<br />

wollen (Blochmann 1969, S. 163).<br />

Blochmann schildert sehr genau, das <strong>Nohl</strong> über <strong>die</strong> antisemitische Verfolgung seiner<br />

akademischen Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler bis ins Detail informiert war, einschließlich der<br />

KZ-Haft C. Bondys in Buchenwald 1938. Offensichtlich ohne <strong>die</strong> Problematik der<br />

175 „Was <strong>die</strong> Jugend heute am Nationalsozialismus begeistert <strong>und</strong> jeder Erzieher in ihm bejahen muss,<br />

auch wo er seiner agitatorischen Praxis, seiner Methode der Gewalt <strong>und</strong> seiner materialistischen Rassetheorie<br />

ablehnend gegenübersteht, ist, dass jenseits des politischen Tageskampfes auch er <strong>die</strong> seelischen<br />

<strong>und</strong> geistigen Kräfte als <strong>die</strong> entscheidenden gegenüber Wirtschaft <strong>und</strong> Politik erkennt <strong>und</strong> <strong>die</strong> Aufgabe<br />

der <strong>Zeit</strong> wieder als eine große Erziehungsaufgabe sieht: <strong>die</strong> Form des Menschen <strong>und</strong> des Volkes muss<br />

zuerst von innen her eine andere werden.“ (<strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Landbewegung, Osthilfe <strong>und</strong> <strong>die</strong> Aufgabe der<br />

Pädagogik, Leipzig 1933, S. 75)<br />

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