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Herman Nohl und die NS-Zeit

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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />

liche Pädagogik zum 100. Geburtstag von <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>“. 189 Durch das gründliche<br />

Studium <strong>Nohl</strong>s früher Schriften, vor, im <strong>und</strong> direkt nach dem Ersten Weltkrieg (insbe-<br />

sondere <strong>Nohl</strong>s Sammelbände mit pädagogischen <strong>und</strong> politischen Aufsätzen) formuliert<br />

Schulze vorsichtig, aber vor allem beweiskräftig, dass man „sich des Eindrucks nicht<br />

erwehren (kann), dass er völkisch <strong>und</strong> monarchisch eingestellt war, als er sich der<br />

Pädagogik zuwandte“. Schulze belegt das mit einer Passage, in der <strong>Nohl</strong> erklärt, dass in<br />

<strong>die</strong>sem Krieg klar geworden sei, dass Militarismus <strong>und</strong> konstitutionelle Monarchie<br />

„keine Stufen der Verfassungsentwicklung“ seien, <strong>die</strong> überw<strong>und</strong>en werden müssen,<br />

sondern „eine geographisch-historische Notwendigkeit“ (Schulze 1979, S. 546). 190 Um<br />

einen Eindruck von der Atmosphäre <strong>die</strong>ser Feier zu erhalten, ist <strong>die</strong> Fußnote Schulzes<br />

zu <strong>die</strong>ser Stelle ausgesprochen hilfreich:<br />

„In meinem Vortrag hatte ich an <strong>die</strong>ser Stelle statt ‚völkisch‘ den Ausdruck ‚deutschnational‘<br />

gebraucht. Diese Kennzeichnung hat bei vielen älteren Zuhörern Verärgerung<br />

<strong>und</strong> Widerspruch hervorgerufen. Die Einwände erscheinen mir insofern berechtigt,<br />

als man bei <strong>die</strong>sem Etikett zuerst an <strong>die</strong> ‚Deutschnationale Partei‘ der<br />

Weimarer Republik denkt, <strong>und</strong> <strong>die</strong>ser Partei hat <strong>Nohl</strong> sicher nicht nahegestanden,<br />

eher einer liberalen oder sozialdemokratischen Richtung. Ich wollte damit lediglich<br />

anmerken, dass er der am Anfang des Jahrh<strong>und</strong>erts in Deutschland vorherrschenden<br />

Überschätzung des nationalen Gedankens verhaftet war. In <strong>die</strong>sem weiteren, geistesgeschichtlichen<br />

Sinne, in dem etwa auch Joel König in seiner Autobiographie ‚David‘<br />

(1979, S. 32) von seinen ‚deutsch-nationalen Gefühlen‘ spricht, scheint mir meine<br />

Kennzeichnung zutreffend zu sein.“ (Schulze 1979, S. 546)<br />

Nun ist aus heutiger Sicht sicher <strong>die</strong> Veränderung des Ausdrucks „deutsch-national“ in<br />

„völkisch“ eher eine Verschärfung der Kritik, insbesondere da Elisabeth Blochmann<br />

größten Wert darauf legt, dass bei <strong>Nohl</strong> – zumindest in den Schriften zur „Osthilfe“ –<br />

der Begriff „völkisch“ nirgends vorkomme. Gewichtiger ist jedoch, dass Schulze hier<br />

zurückrudert, obwohl er völlig recht hat. <strong>Nohl</strong> selbst hatte sich vor 1933 in den höchsten<br />

Tönen für Hindenburg ausgesprochen. Hinweise für eine „liberale“ oder gar „sozialde-<br />

mokratische“ Ausrichtung <strong>Nohl</strong>s gibt es dagegen unserer Kenntnis nach an keiner<br />

Stelle. So oder so, der am Volk orientierte Nationalismus bei <strong>Nohl</strong> im Kaiserreich, in<br />

der Weimarer Republik <strong>und</strong> in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong> ist, wie alle Analysen zeigen, ein entschei-<br />

dendes Element seiner Kontinuität. In der Fußnote heißt es weiter:<br />

189 Schulze, Theodor: „Der Sinn des Lebens liegt im Leben selbst…“. Ein neugieriger Rückblick auf <strong>die</strong><br />

geisteswissenschaftliche Pädagogik zum 100. Geburtstag von <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>, in: Die Sammlung, 19. Jg.<br />

(1979), S. 542–564.<br />

190 <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Pädagogische <strong>und</strong> politische Aufsätze, Jena 1919, S. 83.<br />

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