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Herman Nohl und die NS-Zeit

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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />

In Jürg Blickenstorfers Stu<strong>die</strong> „Pädagogik in der Krise. Hermeneutische Stu<strong>die</strong>, mit<br />

Schwerpunkt <strong>Nohl</strong>, Spranger, Litt zur <strong>Zeit</strong> der Weimarer Republik“ 230 von 1998 wird<br />

neben Spranger <strong>und</strong> Litt auch ausführlich <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> behandelt. Während <strong>die</strong> biogra-<br />

phische Skizze <strong>Nohl</strong>s ganz <strong>und</strong> gar Blochmanns Positionen folgt, zielt <strong>die</strong> Auseinander-<br />

setzung mit der Theorie <strong>Nohl</strong>s in doppelter Hinsicht auf eine Demontage der<br />

<strong>Nohl</strong>’schen Mythen ab: der Mythos der „Deutschen Bewegung“ <strong>und</strong> der Mythos von<br />

den drei Schichten der Seele. Blickenstorfer zeichnet tiefgehend nach, dass das Ausgehen<br />

vom „Leben des Volkes“ <strong>und</strong> das Ausgehen von der „Bewegung des Volkes“ <strong>die</strong><br />

theoretische Basis für den Mythos der „Deutschen Bewegung“ ist: „Der Mythos einer<br />

deutschen Bewegung“ ziele nicht auf Einheit unter den gegenwärtigen Strömungen<br />

allein ab, sondern „bezieht Vergangenheit <strong>und</strong> Zukunft mit ein“ (Blickenstorfer 1998,<br />

S. 65, Hervorhebung im Original). In der Tat ist <strong>die</strong> philosophische, politische <strong>und</strong><br />

pädagogische Vorstellung einer Einheitlichkeit, einer Harmonie eine gr<strong>und</strong>legende<br />

Denkfigur <strong>Nohl</strong>s, <strong>die</strong> auch dabei eine Rolle gespielt hat, eine Einheit mit der <strong>NS</strong>-<br />

Bewegung auf mythologischer Gr<strong>und</strong>lage herzustellen. Die Inhaltsleere der <strong>Nohl</strong>’schen<br />

Vorstellung „Bewegung ist alles“ endet daher nicht zufällig in der <strong>NS</strong>-Bewegung. Der<br />

Mythos der Seele, der um Ausgleich bemühten harmonischen Dreischichtung nach<br />

Platon, wird von Blickenstorfer als „einheitstiftende Ordnung“ (Blickenstorfer 1998,<br />

S. 74) kritisiert. Nicht <strong>die</strong> reale Entwicklung mit ihren Konflikten <strong>und</strong> Gegensätzen sei<br />

bei <strong>Nohl</strong> der Ausgangspunkt, sondern im Gr<strong>und</strong>e eine nicht begründete normative<br />

Festlegung.<br />

Von großem Gewicht ist <strong>die</strong> 1998 verfasste Habilitationsschrift „Geisteswissenschaftliche<br />

Pädagogik nach der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong>. Politische <strong>und</strong> pädagogische Verarbeitungsversuche“<br />

231 von Eva Matthes. Auch wenn das Thema zunächst nur <strong>die</strong> Nachkriegsgeschichte<br />

in den Mittelpunkt stellt, ist <strong>die</strong> Analyse der Haltung Flitners, Litts, <strong>Nohl</strong>s, Sprangers<br />

<strong>und</strong> Wenigers vor <strong>und</strong> während der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong> impliziert. Ausgangspunkt ist – ähnlich wie<br />

bei Dudek – <strong>die</strong> vehemente Ablehnung von Giordanos Analyse der „zweiten Schuld“, 232<br />

230 Blickenstorfer, Jürg: Pädagogik in der Krise. Hermeneutische Stu<strong>die</strong>, mit Schwerpunkt <strong>Nohl</strong>, Spranger,<br />

Litt zur <strong>Zeit</strong> der Weimarer Republik, Bad Heilbrunn 1998.<br />

231 Matthes, Eva: Geisteswissenschaftliche Pädagogik nach der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong>. Politische <strong>und</strong> pädagogische<br />

Verarbeitungsversuche, Bad Heilbrunn 1998.<br />

232 Giordano, Ralph: Die zweite Schuld oder von der Last ein Deutscher zu sein, Hamburg/Zürich 1987.<br />

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