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Herman Nohl und die NS-Zeit

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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />

geht! Dann weckt man keine Opposition, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Leser schlucken, was sie hören<br />

sollen, ohne Widerstand.“ (<strong>Nohl</strong>, in: Blochmann 1969, S. 202)<br />

Blochmann schildert <strong>Nohl</strong> als „the grand old man“, der sich immer treu geblieben sei,<br />

auch als er bei der Umbenennung einer Schule in Göttingen in „<strong>Herman</strong>-<strong>Nohl</strong>-Schule“<br />

mit Kant als Aufgabe der Pädagogik daran festhielt, „aus dem krummen Holz der<br />

Menschen ein gerades zu machen“ (Blochmann 1969, S. 210).<br />

2. Die 1970er <strong>und</strong> 1980er Jahre<br />

In Karl Christoph Lingelbachs 1970 erschienenen wegweisenden Stu<strong>die</strong> „Erziehung<br />

<strong>und</strong> Erziehungstheorien im nationalsozialistischen Deutschland“ 180 wird vor allem im<br />

Kapitel „Das Problem der ‚pädagogischen Autonomie‘ <strong>und</strong> <strong>die</strong> Ideologie der ‚konserva-<br />

tiven Revolution‘ “ (Lingelbach 1979, S. 34 ff) erstmals kritisch zu <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> <strong>und</strong><br />

dessen Haltung zum <strong>NS</strong>-Regime Stellung genommen. Dabei ist zunächst hervorzuhe-<br />

ben, dass Lingelbach anhand der Lage der Erziehungswissenschaft in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong> sehr<br />

deutlich herausarbeitet, was damals auch auf anderen Gebieten keinesfalls selbstver-<br />

ständlich war. Lingelbach stellt klar, dass das <strong>NS</strong>-Regime eben kein homogenes,<br />

hierarchisch strukturiertes Herrschaftssystem war, <strong>und</strong> es auch falsch sei, „von der<br />

Existenz einer einheitlichen nationalsozialistischen Pädagogik auszugehen“. Gerade hier<br />

stimme das „Bild eines pyramidenförmig aufgebauten Herrschaftssystems“ nicht<br />

(Lingelbach 1979, S. 13 f).<br />

In Bezug auf <strong>Nohl</strong> arbeitet Lingelbach zunächst den Begriff der „relativen Autonomie<br />

der Erziehung“ gegenüber Kirche <strong>und</strong> Staat heraus. Die Pointe Lingelbachs ist, dass<br />

<strong>Nohl</strong> <strong>die</strong> Pädagogik durch eine Entpolitisierung an den <strong>NS</strong>-Staat ausgeliefert habe.<br />

Gleichzeitig konstatiert er, dass <strong>Nohl</strong>, anders als in den 1920er Jahren, nun in den<br />

1930er Jahren den Akzent vom Kind <strong>und</strong> vom Individuum weg auf das Ganze, das Volk<br />

<strong>und</strong> den Dienst verschiebt. Lingelbach erklärt <strong>die</strong> Möglichkeit <strong>die</strong>ser Verschiebung<br />

nicht nur auf der Ebene der Anpassung an das Anwachsen der Rechten, sondern sieht<br />

<strong>die</strong> nationalistische, vom Ersten Weltkrieg geprägte These <strong>Nohl</strong>s, es gehe um <strong>die</strong> „neue<br />

180 Lingelbach, Karl Christoph: Erziehung <strong>und</strong> Erziehungstheorien im nationalsozialistischen Deutschland.<br />

Ursprünge <strong>und</strong> Wandlungen der 1933–1945 in Deutschland vorherrschenden erziehungstheoretischen<br />

Strömungen, ihre politischen Funktionen <strong>und</strong> ihr Verhältnis zur außerschulischen Erziehungspraxis<br />

des „Dritten Reiches“ (Marburger Forschungen zur Pädagogik, Band 3). Überarbeitete Zweitausgabe mit<br />

drei neueren Stu<strong>die</strong>n <strong>und</strong> einem Diskussionsbericht (1. Auflage 1970), Frankfurt am Main 1987.<br />

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