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Herman Nohl und die NS-Zeit

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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />

einer der ersten gründlichen Stu<strong>die</strong>n aus Westdeutschland, <strong>die</strong> „Professor Flitner in<br />

dankbarer Verb<strong>und</strong>enheit“ gewidmet ist, wird von Gamm auch nicht im Ansatz ver-<br />

sucht, Schnittmengen zwischen reaktionärer deutschnationaler Erziehungswissenschaft<br />

in der Weimarer Republik bei <strong>Nohl</strong> <strong>und</strong> Spranger mit der <strong>NS</strong>-Erziehung zu analysieren.<br />

Dies ist umso verw<strong>und</strong>erlicher, da Gamm einleitend erklärt: „Die erzieherischen<br />

Ansätze des totalen Staates erschienen nicht zufällig, sondern waren durch klingende<br />

Vorspiele vaterländischer Erziehung <strong>und</strong> staatsfrommer Bildung eingeleitet, <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Grenze ist schwer zu ziehen, wo nationales Pathos in nationalsozialistische Hemmungslosigkeit<br />

umschlug.“ (S. 7) Gamm, der sich auch in späteren Veröffentlichungen eher<br />

einer linken <strong>und</strong> emanzipatorischen Pädagogik zugehörig fühlt, macht offensichtlich<br />

ohne plausible Begründung bei seinen akademischen Lehrern mehr als nur Zugeständnisse:<br />

„Freilich darf hier festgestellt werden, dass wir es für unergiebig halten, <strong>die</strong>se zum<br />

Teil noch heute wirkenden Erzieher <strong>und</strong> Erziehungswissenschaftler auf damalige<br />

Äußerungen hin festzulegen. Ihre Gedanken waren oftmals ideologisch durchtränkt,<br />

<strong>und</strong> nur wenige hatten, durch familiäre Umstände, durch mangelnde Anerkennung<br />

als ‚Volksgenossen‘ oder ähnliches bedingt, <strong>die</strong> Möglichkeit, eine nicht ‚gleichgeschaltete‘<br />

Pädagogik zu vertreten.“ (S. 8)<br />

Waltraut von Hackewitz’ Arbeit „Das Gesellschaftskonzept in der Theorie der ‚Päda-<br />

gogischen Bewegung‘. Ein ideologiekritischer Versuch am Werk <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s“ 163 von<br />

1966 begann in einer (sicher nur wenig verbreiteten Dissertation) erste Ansätze von<br />

Kritik am Irrationalismus <strong>Nohl</strong>s zu entwickeln. Auch wenn vorsichtig festgehalten wird:<br />

„Es ging in <strong>die</strong>ser Untersuchung nicht darum, den Pädagogen <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> zu kritisieren“<br />

(S 225) <strong>und</strong> von „Tragik“ <strong>die</strong> Rede ist, werden doch, von Adorno <strong>und</strong> Walter<br />

Benjamin ausgehend, <strong>die</strong> pädagogische Bewegung <strong>und</strong> <strong>die</strong> Theorien <strong>Nohl</strong>s als eine<br />

Kritik an der Industriegesellschaft in der Weimarer Republik eingeschätzt, <strong>die</strong> als<br />

„Kritik von rechts“ (S. 222) eingestuft wird.<br />

In dem von Josef Offermann 1967 herausgegebenen <strong>Nohl</strong>-Sammelband „Ausgewählte<br />

pädagogische Abhandlungen“ findet sich auch der fünf<strong>und</strong>zwanzigseitige Text „<strong>Nohl</strong>s<br />

Leben <strong>und</strong> Werk“. 164 Über <strong>Nohl</strong>s Haltung zum <strong>NS</strong>-Regime heißt es dort in der von <strong>Nohl</strong><br />

163 Hackewitz, Waltraut von: Das Gesellschaftskonzept in der Theorie der „Pädagogischen Bewegung“.<br />

Ein ideologiekritischer Versuch am Werk <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s, Berlin 1966.<br />

164 Offermann, Joseph: <strong>Nohl</strong>s Leben <strong>und</strong> Werk, in: <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Ausgewählte pädagogische Abhandlungen<br />

(Schöninghs Sammlung pädagogischer Schriften: Quellen zur Geschichte der Pädagogik),<br />

Paderborn 1967, S. 112–138.<br />

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