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Herman Nohl und die NS-Zeit

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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />

te der Eigendynamik der Geisteswissenschaft in <strong>die</strong> gesamtgeschichtlichen Umstände<br />

einzubetten. Das ist besonders in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong> notwendig, so Gran, in der allzu leicht in<br />

der bisherigen Literatur über geisteswissenschaftliche Pädagogik <strong>die</strong> Realität der<br />

Verbrechen nebenan ausgeblendet wird. Deswegen berichtet Gran nicht nur über<br />

<strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> <strong>und</strong> Seinesgleichen, sonder auch über <strong>die</strong> bereits 1932 von der SA<br />

Erschlagenen <strong>und</strong> nach 1933 systematisch Ermordeten. Er berichtet über <strong>die</strong> Kriegsvor-<br />

bereitungen, <strong>die</strong> Wannsee-Konferenz <strong>und</strong> <strong>die</strong> rassistische Realität des Massenmords an<br />

Menschen allein wegen ihrer vom <strong>NS</strong>-Regime definierten Herkunft. Das ist ungewöhn-<br />

lich, aber durchaus nötig <strong>und</strong> geradezu ein Schlüssel, um hermeneutisch gerecht <strong>Nohl</strong>s<br />

inhumane <strong>und</strong> antidemokratischen Gr<strong>und</strong>positionen einordnen zu können. Das bedeutet<br />

nicht, dass Gran der innertheoretischen Auseinandersetzung mit den geistigen Bezugs-<br />

punkten <strong>Nohl</strong>s, insbesondere mit Dilthey <strong>und</strong> Platon, aus dem Weg geht.<br />

In einem ersten Teil analysiert Gran als Kern der „Deutschen Bewegung“ <strong>die</strong> <strong>Nohl</strong>’sche<br />

Interpretation der Entwicklung des deutschen Idealismus als gegen <strong>die</strong> Aufklärung<br />

gerichtet. In einem zweiten Teil stellt er Biographie <strong>und</strong> Schrifttum <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s im<br />

Überblick dar, das er nun Schritt für Schritt chronologisch einordnet <strong>und</strong> bewertet.<br />

In einem dritten Teil über <strong>Nohl</strong>s theoretische Entwicklung von 1918 bis 1933 fokussiert<br />

Gran sich gerade auch auf <strong>Nohl</strong> als Geschichtsschreiber <strong>und</strong> Theoretiker der Reformbewegung,<br />

wobei er sich deutlich Oelkers’ Ansicht anschließt, dass <strong>Nohl</strong> (aber eben<br />

auch Flitner, Weniger bis hin zu Blankertz <strong>und</strong> Klafki) nicht wirklich <strong>die</strong> Reformbewegung<br />

beschreibt <strong>und</strong> analysiert, sondern vor allem eine für <strong>die</strong> eigenen Ambitionen<br />

nützliche Geschichte konstruiert.<br />

Im vierten Teil zur <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong> analysiert Gran ausführlicher als Zimmer <strong>und</strong> Klafki auf<br />

fünf<strong>und</strong>siebzig Seiten das Vorlesungsmanuskript <strong>Nohl</strong>s von 1933/34. Dabei sticht<br />

neben einer treffenden Ideologiekritik, oft an Adorno orientiert, auch hervor, dass<br />

Hintergründe über von <strong>Nohl</strong> angeführte Personen <strong>und</strong> zeitgeschichtliche Umstände<br />

kenntnisreich dargelegt werden. Die Kritik an der Vorlesung <strong>Nohl</strong>s wird dabei im<br />

Rückgriff auf <strong>die</strong> vor 1933 von <strong>Nohl</strong> verfassten Schriften einerseits, aber auch im<br />

Kontext der in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong> erschienenen Schriften <strong>Nohl</strong>s andererseits entfaltet. Dabei<br />

wertet Gran auch Briefe <strong>und</strong> R<strong>und</strong>briefe an den Personenkreis der sogenannten <strong>Nohl</strong>-<br />

Schule aus.<br />

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