Herman Nohl und die NS-Zeit
Herman Nohl und die NS-Zeit
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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />
gur einer Bejahung des Kerns der <strong>NS</strong>-Ideologie <strong>und</strong> <strong>NS</strong>-Bewegung bei gleichzeitiger<br />
Warnung vor der Vernachlässigung der Freiheit der Geistigkeit. Auch <strong>Nohl</strong>s zutiefst<br />
deutschnationalistische Ausrichtung wird beim Studium <strong>und</strong> bei der Analyse <strong>die</strong>ser<br />
Aufsätze deutlich. 76<br />
1. „Landbewegung, Osthilfe <strong>und</strong> <strong>die</strong> Aufgabe der Pädagogik“ (Sammelband 1933)<br />
Die sieben Aufsätze aus dem Sammelband „Landbewegung, Osthilfe <strong>und</strong> <strong>die</strong> Aufgabe<br />
der Pädagogik“ 77 wurden alle vor 1933 verfasst, jedoch 1933 mit einem neuen Vor- <strong>und</strong><br />
Nachwort versehen erneut veröffentlicht. Die Besonderheit <strong>die</strong>ses Sammelbands, der<br />
seine Wirkung nach dem Februar 1933 entfaltete, lässt sich so charakterisieren: <strong>Nohl</strong><br />
beweist mit <strong>die</strong>ser Aufsatzsammlung, dass er nicht erst nach dem Februar 1933 deutlich<br />
nationalistische Positionen eingenommen hat, sondern bereits davor – einschließlich<br />
einer gewissen Unterstützung der <strong>NS</strong>-Bewegung.<br />
Will man <strong>die</strong>se sieben Aufsätze zusammenfassen, so wird klar, wie sehr <strong>Nohl</strong> eine<br />
Einschätzung politischer Situationen mit seiner pädagogischen Konzeption verbindet, so<br />
dass eine rein pädagogische Kritik ohne Einschätzung der politischen Situation nicht<br />
möglich ist. In jedem <strong>die</strong>ser Aufsätze zeigt sich im Gr<strong>und</strong>e das Bemühen <strong>und</strong> Bestreben,<br />
mit der Pädagogik der „Osthilfe“ den angeblichen „Raum ohne Volk“ (sic!) im<br />
Osten 78 möglichst rasch zu besiedeln, landwirtschaftlich zu nutzen <strong>und</strong> so auch eine<br />
Reagrarisierung im Bewusstsein der verstädterten Deutschen zu erreichen, gegen eine<br />
angeblich drohende Gefahr aus dem Osten.<br />
Der erste Aufsatz trägt den Titel „Landbewegung, Osthilfe <strong>und</strong> <strong>die</strong> nationale Aufgabe<br />
der Pädagogik“ (<strong>Nohl</strong>: Osthilfe, 1933, S. 1–16). 79 <strong>Nohl</strong> spricht sich hier, neben<br />
76 In dem 1949 erschienenen Sammelband „Pädagogik aus dreißig Jahren“ (Frankfurt am Main 1949)<br />
wurden lediglich zwei der sieben Aufsätze wieder abgedruckt, darunter erstaunlicherweise ausgerechnet<br />
der Beitrag „Die volkserzieherische Arbeit innerhalb der pädagogischen Bewegung“. Dort hatte <strong>Nohl</strong><br />
1932 erklärt, was seiner Meinung nach <strong>die</strong> Jugend „heute am Nationalsozialismus begeistert <strong>und</strong> jeder<br />
Erzieher in ihm bejahen muss“, auch wenn er sich von der Methode der Gewalt <strong>und</strong> der materialistischen<br />
Rassentheorie abgrenzt (siehe <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Landbewegung, Osthilfe <strong>und</strong> <strong>die</strong> Aufgabe der Pädagogik,<br />
Leipzig 1933, S. 75 sowie unverändert in <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Pädagogik aus dreißig Jahren, Frankfurt am<br />
Main 1949, S. 216).<br />
77 <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Landbewegung, Osthilfe <strong>und</strong> <strong>die</strong> Aufgabe der Pädagogik, Leipzig 1933.<br />
78 Michael Gran verweist darauf, dass Adolf Hitler auf dem Reichsparteitag der <strong>NS</strong>DAP in Nürnberg<br />
1927 feststellte: „Man hat mit Recht von ‚Raum ohne Volk‘ gesprochen.“ (Gran, Michael: Das Verhältnis<br />
der Pädagogik <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s zum Nationalsozialismus. Hamburg 2005, S. 190)<br />
79 Niederschrift einer Diskussionseinleitung bei der Zusammenkunft der Sozialen Gilde mit dem Pädagogischen<br />
Seminar der Universität Göttingen in Lippoldsberg/Weser am 19. Juli 1931, zuerst erschienen in:<br />
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