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Herman Nohl und die NS-Zeit

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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />

78<br />

dadurch für das Ganze bewahren wollte.“ (<strong>Nohl</strong>: Pädagogische Bewegung, 1935,<br />

S. 283, Hervorhebung im Original)<br />

In <strong>die</strong>ser Passage zeigt sich, wie <strong>Nohl</strong> „Autonomie der Pädagogik“ versteht. Als Meta-<br />

pher verwendet er das Beispiel der Reichswehr. Die Reichswehr hat nicht <strong>die</strong>ser oder<br />

jener Partei zu <strong>die</strong>nen, also nicht einzelnen Teilen, sondern nur dem Staat <strong>und</strong> dem Volk<br />

als ganzem. Ist garantiert, dass es um das Ganze geht, ist auch klar, dass <strong>die</strong> Reichswehr<br />

keineswegs autonom ist, sondern sich absolut loyal in den Dienst des Ganzen stellt.<br />

Entscheidend für <strong>Nohl</strong> ist, dass <strong>die</strong>s jenseits des Parteiengezänks vor sich geht, jenseits<br />

konfessioneller Streitigkeiten usw. Der Begriff der „pädagogischen Autonomie“ bei<br />

<strong>Nohl</strong> muss analog verstanden werden. Die <strong>NS</strong>DAP an der Macht, das war für <strong>Nohl</strong><br />

nicht mehr ein Teil, das war für <strong>Nohl</strong> jetzt das Ganze, der totale Staat, für den <strong>die</strong><br />

„pädagogische Bewegung“ sich aufbewahrt hatte. Autonomie bedeutet bei <strong>Nohl</strong> auto-<br />

nom zu sein gegenüber den einzelnen Teilen, aber absolut untergeordnet zu sein gegen-<br />

über dem Ganzen, dem Volk, der Nation.<br />

Ausdrücklich stellt sich <strong>Nohl</strong> hinter Ernst Krieck, den er als „führende(n) Kopf der<br />

neuen objektiven Pädagogik“ bezeichnet <strong>und</strong> warnt lediglich davor, dass seine soziologischen<br />

Einsichten von der Typenbildung „von den Nachfolgern übersteigert“ werden<br />

(<strong>Nohl</strong>: Pädagogische Bewegung, 1935, S. 283). <strong>Nohl</strong> wendet sich also gegen „Überspannungen“,<br />

<strong>die</strong> aber seiner Ansicht nach „schnell zurückgenommen“ werden (<strong>Nohl</strong>:<br />

Pädagogische Bewegung, 1935, S. 284). <strong>Nohl</strong> stellt sich also als kritischer Begleiter der<br />

<strong>NS</strong>-Bewegung vor, der vor Simplifizierungen warnt, aber auch den Optimismus ausstrahlt,<br />

dass <strong>die</strong>se oder jene kleine Übertreibung eigentlich kein Gewicht hat.<br />

<strong>Nohl</strong> geht jedoch noch einen Schritt weiter <strong>und</strong> diskutiert in <strong>die</strong>sem Nachwort von 1935<br />

bereits <strong>die</strong> Möglichkeit, dass <strong>die</strong> Parole „Du bist nichts, dein Volk ist alles“ doch ihre<br />

Berechtigung erhält, nämlich im Falle des Krieges:<br />

„(…) wo das Ganze in Gefahr ist, verschwindet der Einzelne: das großartigste Dokument<br />

solcher kriegerischen Nationalpädagogik bei uns sind Fichtes Reden <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> Schriften seiner Schüler Arndt, Jahn, Jachmann, (…).“ (<strong>Nohl</strong>: Pädagogische<br />

Bewegung, 1935, S. 285, Hervorhebung im Original)<br />

Was <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> „zugelernt“ hat, zeigt sich auch anhand der folgenden Passage über<br />

<strong>die</strong> „biologische Substanz“:<br />

„Wir suchen zunächst <strong>die</strong> Elemente des Aufbaus für unser Dasein als Volk: seine<br />

biologische Substanz, seine Gliederung in Stadt <strong>und</strong> Land, das Leben seiner Familien<br />

<strong>und</strong> das Verhältnis seiner Generationen, <strong>und</strong> seine geistige Substanz in Sprache,

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