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Herman Nohl und die NS-Zeit

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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />

nicht bloß der jüdischen, sondern auch der slawischen Volkselemente, <strong>die</strong> den Prozess<br />

der deutschen Rassenbildung stören <strong>und</strong> <strong>die</strong> Festigkeit unserer Nationalität<br />

lockern, verhindert.“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 23 ff., Hervorhebungen im Original)<br />

Wer genau mitliest, spürt bei der Schilderung der Auffassungen <strong>die</strong>ser rassistischen<br />

Theoretiker gleichzeitig eine gewisse andere Akzentsetzung. <strong>Nohl</strong> favorisiert, wie im<br />

letzten Satz des Zitates deutlich wird, nicht <strong>die</strong> innerdeutsche „Aufnordung“ einer von<br />

anderen Rassisten angenommenen angeblich schon existierenden „deutschen Rasse“,<br />

sondern favorisiert den „Prozess der deutschen Rassenbildung“, den <strong>die</strong> Juden stören.<br />

Der Jude stört <strong>die</strong> deutsche Rassenbildung – das ist <strong>die</strong> Pointe des Antisemiten <strong>und</strong><br />

Rassisten <strong>Nohl</strong> 1933/34. Er misstraut offensichtlich – ähnlich wie Ernst Krieck – einer<br />

rein biologischen Sichtweise der Rassentheorie im Kontext der Geschichte. Denn dann<br />

wäre ja für Pädagogen nichts mehr zu tun. Für <strong>die</strong> studentische Zuhörerschaft <strong>die</strong>ser<br />

Vorlesung wird sichtbar, dass <strong>Nohl</strong> – an Ernst Krieck angelehnt – eigene Akzente setzt,<br />

ohne <strong>die</strong> Rassentheorie überhaupt oder im Kern abzulehnen – im Gegenteil präsentiert<br />

er sich als der bessere Rassist. 96<br />

Auf den folgenden Seiten lässt sich <strong>Nohl</strong> über <strong>die</strong> Population <strong>und</strong> den Bevölkerungsrückgang<br />

in Deutschland mit Zahlen <strong>und</strong> Statistiken aus, wobei er warnend betont, „<strong>die</strong><br />

Fruchtbarkeit der slawischen Frauen“ sei „r<strong>und</strong> doppelt so groß wie <strong>die</strong> der deutschen<br />

Frauen“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 28) – ein Gedanke, den <strong>Nohl</strong> ja schon vor 1933<br />

in seinen Aufsätzen zur „Osthilfe“ sehr deutlich herausgearbeitet hatte.<br />

Der erste Abschnitt des ersten Kapitels endet mit Hinweis auf <strong>die</strong> Unterstützung kinderreicher<br />

Familien durch den <strong>NS</strong>-Innenminister Fricke, alles mit dem Ziel „<strong>die</strong> Familie als<br />

<strong>die</strong> biologische Zelle des Volkes mehr als bisher in den Mittelpunkt der Nationalpädagogik<br />

<strong>und</strong> Nationalpolitik“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 29) zu rücken.<br />

Zum zweiten Kapitel „Stadt <strong>und</strong> Land“:„Deutsche Waldfreiheit“, „<strong>die</strong> Wurzel<br />

unserer mystischen Kraft“ <strong>und</strong> „der Intellektualismus der Städter“<br />

<strong>Nohl</strong> behandelt nun eine Frage, <strong>die</strong> ihn schon in der <strong>Zeit</strong> der Weimarer Republik<br />

beschäftigt hat <strong>und</strong> in einer ausgearbeiteten Tradition deutsch-reaktionärer Ablehnung<br />

96 „Der <strong>Nohl</strong> von 1933/34 <strong>und</strong> 1935/36 offenbart sich in seiner Vorlesung als Rassist <strong>und</strong> Antisemit.“<br />

(Brumlik, Micha: „Dieses Problem, von dem wir bis zuletzt nichts geahnt hatten.“ <strong>Nohl</strong>, Spranger, der<br />

Antisemitismus <strong>und</strong> <strong>die</strong> Frauen, in: Sozialwissenschaftliche Literatur-R<strong>und</strong>schau (SLR). Sozialarbeit,<br />

Sozialpädagogik, Sozialpolitik, soziale Probleme, 28. Jg. (2005), Heft 50, S. 10).<br />

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