Herman Nohl und die NS-Zeit
Herman Nohl und die NS-Zeit
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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />
„Die Kulturvölker vermehren sich nicht so wie <strong>die</strong> weniger kultivierten. Das gilt<br />
insbesondere für <strong>die</strong> nordische Rasse.“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 15)<br />
„Die kranken Erblinien ausmerzen“ <strong>und</strong> „<strong>die</strong> erbges<strong>und</strong>en Familien bevorzugen“<br />
<strong>Nohl</strong> schildert nun, sich auf Verschuer berufend, <strong>die</strong> „Kontraselektion“, d. h. <strong>die</strong><br />
Umgehung der „natürliche(n) Auslese“, <strong>die</strong> „z. B. <strong>die</strong> Kurzsichtigkeit, Taubstummheit<br />
<strong>und</strong> Geisteskrankheit beseitigen“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 17) würde, nun aber<br />
zum Anwachsen der Erbkranken führe. <strong>Nohl</strong> führt aus:<br />
„Von hier aus entsteht <strong>die</strong> grausame Frage an <strong>die</strong> Wohlfahrtspflege, ob sie durch<br />
ihre Maßnahmen, mit denen sie dem einzelnen Kranken oder der einzelnen kranken<br />
Familie hilft, nicht bloß den ges<strong>und</strong>en Familien Mittel entzieht, sondern geradezu für<br />
das Weiterbestehen <strong>und</strong> <strong>die</strong> Fruchtbarkeit der erbkranken Familien Sorge trägt?<br />
Aber damit kämen wir schon zur Frage nach dem, was angesichts <strong>die</strong>ser Einsichten<br />
zu tun ist, um unseren Volkskörper richtig zu gestalten. Bei <strong>die</strong>sem Umbau handelt es<br />
sich um negative <strong>und</strong> um positive Maßnahmen.<br />
Negative Maßnahmen sind alle Schritte, <strong>die</strong> darauf zielen, <strong>die</strong> kranken Erblinien<br />
auszumerzen. Die Antike konnte da hart vorgehen. Die Spartaner setzten minderwertiges<br />
Leben aus. Auch Plato fordert in seinem Staat, dass krankes Leben vernichtet<br />
<strong>und</strong> auch von zu alten Eltern Erzeugtes getötet werden solle. Unsere christliche Fürsorge,<br />
<strong>die</strong> jede Seele unmittelbar zu Gott weiß, kann das nicht mehr. Ist das Leben<br />
einmal da, so muss dafür gesorgt werden, dass es menschenwürdig existiert <strong>und</strong> zu<br />
seinem Wohl kommt. Es ist das an sich auch keine Gefahr für <strong>die</strong> Volkswohlfahrt –<br />
abgesehen davon, dass es etwas kostet; aber ein Volk, das auf solche Fürsorge <strong>und</strong><br />
auf <strong>die</strong> Entfaltung der Eigenschaften, <strong>die</strong> solche Fürsorge tragen, verzichten wollte,<br />
nähme sich einen höchsten Wert <strong>und</strong> würde schnell sittlich korrumpieren. Wohl aber<br />
wird es nötig sein, erstlich bestimmte Gruppen <strong>die</strong>ser Menschen zu sterilisieren, wie<br />
das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses das fordert, das am 1. Januar<br />
Muckermann <strong>und</strong> den <strong>NS</strong>-Ideologen seine Bücher verboten, was im Einzelnen hier nicht nachgeprüft<br />
werden konnte (vgl. Grosch-Obenauer, Dagmar: <strong>Herman</strong>n Muckermann <strong>und</strong> <strong>die</strong> Eugenik, Mainz 1986;<br />
Kröner, Hans-Peter: Von der Rassenhygiene zur Humangenetik. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für<br />
Anthropologie, menschliche Erblehre <strong>und</strong> Eugenik nach dem Kriege, Stuttgart/Jena/Lübeck/Ulm 1998;<br />
Schmuhl, Hans-Walter: Grenzüberschreitungen. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie,<br />
menschliche Erblehre <strong>und</strong> Eugenik 1927–1945, Göttingen 2004).<br />
Von Muckermanns Schriften seien hier nur genannt: Rassenforschung <strong>und</strong> Volk der Zukunft. Ein Beitrag<br />
zur Einführung in <strong>die</strong> Frage vom biologischen Werden der Menschheit (Das kommende Geschlecht,<br />
Band 4, Heft 2), Berlin 1928. Wesen der Eugenik <strong>und</strong> Aufgaben der Gegenwart. Aus dem Kaiser-<br />
Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre <strong>und</strong> Eugenik, Abteilung für Eugenik (Das<br />
kommende Geschlecht, Band 5, Heft 1/2), Berlin 1929. Rassenhygiene, in: Staatslexikon, Band 4:<br />
Papiergeld bis Staatsschulden (5., von Gr<strong>und</strong> aus neubearbeitete Auflage), Freiburg 1931. Zusammen mit<br />
Otmar Freiherr von Verschuer: Eugenische Eheberatung (Das kommende Geschlecht, Band 6, Heft 1/2),<br />
Berlin/Bonn 1931. Eugenik <strong>und</strong> Strafrecht (Arbeiten über Rassenk<strong>und</strong>e, Erblehre <strong>und</strong> Erbpflege aus dem<br />
Kaiser Wilhelm Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre <strong>und</strong> Eugenik in Berlin-Dahlem,<br />
Teil 37), Berlin 1932. Volkstum, Staat <strong>und</strong> Nation, eugenisch gesehen. Aus dem Kaiser-Wilhelm-Institut<br />
für Anthropologie, menschliche Erblehre <strong>und</strong> Eugenik, Abteilung für Eugenik, Essen ohne Jahr (1933).<br />
Eugenik <strong>und</strong> Katholizismus, Berlin 1934.<br />
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