Herman Nohl und die NS-Zeit
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I. Gr<strong>und</strong>positionen <strong>und</strong> Hauptwerke<br />
wendet sich <strong>Nohl</strong> 1931 in der ihm eigenen Art auch gegen <strong>die</strong> Ausgrenzung der jüdi-<br />
schen Religion, indem er von Salzmann berichtet, er habe „<strong>die</strong> Geistlichen aller drei<br />
christlichen Bekenntnisse“ als Paten für sein Kind bemüht <strong>und</strong> ausdrücklich auch den<br />
Rabbiner, der ihm „immer nahegestanden habe“ (<strong>Nohl</strong>: Dreißig Jahre, 1949, S. 234).<br />
Angesichts der anwachsenden antisemitischen Strömung in Deutschland soll ausdrück-<br />
lich <strong>die</strong>se sich auf Salzmann berufende positive Passage bei <strong>Nohl</strong> hervorgehoben<br />
werden, auch wenn <strong>die</strong> christlich-hegemoniale These von den „drei christlichen Bekenntnissen“,<br />
in der <strong>die</strong> jüdische Religion zu einer Unterabteilung des Christentums<br />
wird, <strong>die</strong> christlich-abendländische Gr<strong>und</strong>position <strong>Nohl</strong>s massiv unterstreicht.<br />
Die pädagogische Bewegung als „beste Waffe für den Aufstieg Deutschlands“<br />
Im veröffentlichten Vortrag „Pädagogische Bewegung oder pädagogische Reaktion?“<br />
(1932) 70 polemisiert <strong>Nohl</strong> gegen <strong>die</strong> finanzielle Aushöhlung von Schule <strong>und</strong><br />
Erziehung durch <strong>die</strong> aktuelle politische Lage. Unabhängig von der im Detail zu klärenden<br />
Frage, gegen wen sich <strong>die</strong>se Rede im Oktober 1932 politisch richtet, ist der eigentliche<br />
Gehalt des Beitrags ein großer Aufruf, <strong>die</strong> pädagogischen Kräfte in der schwierigen<br />
Situation des Landes nicht zu beschneiden, sondern aufzuwerten, weil <strong>die</strong> pädagogische<br />
Bewegung doch <strong>die</strong> „beste Waffe für den Aufstieg Deutschlands“ sei, „wo <strong>die</strong><br />
zuchtvolle Zusammenfassung aller Kräfte unseres Volkes eine stärkste Anspannung<br />
seiner Erziehung nötig macht“ (<strong>Nohl</strong>: Dreißig Jahre, 1949, S. 237). Sehr ausführlich<br />
erläutert <strong>Nohl</strong> hier <strong>die</strong> in verschiedenen Schriften sich wiederholende These: „Jede<br />
pädagogische Bewegung verläuft in drei Phasen – das ist ihr Gesetz.“ (<strong>Nohl</strong>: Dreißig<br />
Jahre, 1949, S. 240) Während in der ersten Phase gegen veraltete Pädagogik das Individuum<br />
im Mittelpunkt steht, <strong>die</strong> Persönlichkeit, so geht es in der zweiten Phase um <strong>die</strong><br />
Gemeinschaft <strong>und</strong> – wiederum – in der dritten Phase um <strong>die</strong> Vereinigung <strong>die</strong>ser beiden<br />
Aspekte auf höherer Ebene mit höherem Gehalt.<br />
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„Das Schlagwort <strong>die</strong>ser dritten Phase ist nicht mehr Persönlichkeit <strong>und</strong> Gemeinschaft,<br />
sondern ‚Dienst‘, d. h. <strong>die</strong> tätige Hingabe an ein Objektives.“ (<strong>Nohl</strong>: Dreißig<br />
Jahre, 1949, S. 242)<br />
70 <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Pädagogische Bewegung oder pädagogische Reaktion? (1932), in: <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>:<br />
Pädagogik aus dreißig Jahren, Frankfurt am Main 1949, S. 237–244. Vortrag auf der Pädagogischen<br />
K<strong>und</strong>gebung am 26. Oktober 1932 im Plenarsaal des Wirtschaftsrats, zuerst in: Die Deutsche Schule, 37. Jg.<br />
(1933), Heft l, S. 1–6.