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Herman Nohl und die NS-Zeit

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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />

<strong>Nohl</strong>, der weiter feststellt, dass „Rasse ein biologischer Begriff ist, kein geschichtli-<br />

cher“, betont in der ihm eigenen Art <strong>die</strong> untrennbare „Einheit von innen <strong>und</strong> außen, <strong>die</strong><br />

mit Rasse gemeint ist“ (<strong>Nohl</strong>: Charakter <strong>und</strong> Schicksal, 1938, S. 164). Die zentrale<br />

Passage bei <strong>Nohl</strong> lautet dann:<br />

82<br />

„Die entscheidende Ursache für <strong>die</strong> Rassebildung, d. h. <strong>die</strong> Wandlung der Anlagen<br />

selbst, ist nicht <strong>die</strong> Mutation, sondern nur <strong>die</strong> Auslese. Hier allein können auch Eugenik<br />

<strong>und</strong> Pädagogik einsetzen. Solche Auslese verlangt aber zugleich, wie der bekannte<br />

Rassenforscher F. Lenz auf der Naturforscherversammlung in Stuttgart<br />

(1938) sagte, ‚ein geistiges Klima worin Menschen von Einsicht, Initiative <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit<br />

gedeihen‘.“ (<strong>Nohl</strong>: Charakter <strong>und</strong> Schicksal, 1938, S. 164 f.) 116<br />

Hier hat <strong>Nohl</strong> nun also <strong>die</strong> Rolle der Pädagogik eingesetzt: Pädagogik als Auslese.<br />

Die im Folgenden vorgestellten Überlegungen von <strong>Nohl</strong> weisen wenig Systematik oder<br />

Logik auf. Seine Behauptungen über <strong>die</strong> „vergleichende Rassenphysiologie“ mit ihren<br />

Ergebnissen über „Drüsenfunktionen“ sowie „Kinn <strong>und</strong> Nase“ <strong>und</strong> der Behauptung,<br />

dass in der „nordischen Rasse der leptosome Typus häufiger“ sei (<strong>Nohl</strong>: Charakter <strong>und</strong><br />

Schicksal, 1938, S. 165), bleiben hier unberücksichtigt.<br />

Im dritten <strong>und</strong> letzten Abschnitt <strong>die</strong>ses Kapitels geht <strong>Nohl</strong> von den Rassenunterschieden<br />

zu den Völkern über, wobei er betont, welche große Rolle nationalpädagogische <strong>und</strong><br />

volkspädagogische Anstrengungen faschistischer Art selbst bei einem Volk wie den<br />

Italienern spielen kann:<br />

„Oder man erinnere sich, wie Mussolini <strong>die</strong> Italiener in bewusster Formgebung<br />

umgestaltete: ‚Der Anblick, <strong>die</strong> Lebensweise <strong>und</strong> <strong>die</strong> Leistung <strong>und</strong> nicht zuletzt <strong>die</strong><br />

Denkart‘ sind in den letzten 15 Jahren andere geworden. Vor dem Kriege konnte<br />

eine Gruppe Italiener keinen Eisenbahnwagen ohne Streit <strong>und</strong> Geschrei rangieren,<br />

jetzt gewinnen sie <strong>die</strong> Weltmeisterschaft in einem solchen Teamspiel wie dem Fußball<br />

<strong>und</strong> fliegen <strong>die</strong> schwierigsten Luftmanöver.“ (<strong>Nohl</strong>: Charakter <strong>und</strong> Schicksal,<br />

1938, S. 166)<br />

116 Lenz, Fritz: Gr<strong>und</strong>riss der menschlichen Erblichkeitslehre <strong>und</strong> Rassenhygiene. Band 1: Menschliche<br />

Erblichkeitslehre, 2. vermehrte <strong>und</strong> verbesserte Auflage, München 1923. Band 2: Menschliche Auslese<br />

<strong>und</strong> Rassenhygiene, 2. vermehrte <strong>und</strong> verbesserte Auflage, München 1923.<br />

Fritz Lenz (1887–1976), einer der führenden Rassehygieniker <strong>und</strong> Eugeniker in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong>, seit 1937<br />

Mitglied der <strong>NS</strong>DAP. Hitler geht in „Mein Kampf“ ausführlich auf Lenz’ Hauptwerk ein. Lenz, der an<br />

Zwangssterilisation farbiger deutscher Kinder („Rheinlandbastarde“) beteiligt war, verfasste zwei<br />

Denkschriften für das „Rasse- <strong>und</strong> Siedlungshauptamt der SS“ zur Ostkolonisation. Von 1946 bis 1955<br />

wurde er Professor für menschliche Erblehre in Göttingen. Siehe dazu: Weingart/Peter,<br />

Kroll/Jürgen/Bayertz, Kurt: Rasse, Blut <strong>und</strong> Gene. Geschichte der Eugenik <strong>und</strong> Rassenhygiene in<br />

Deutschland, Frankfurt am Main 1988 <strong>und</strong> Becker, Heinrich/Dahms, Hans-Joachim, Wegeler, Cornelia<br />

(Hrsg.): Die Universität Göttingen unter dem Nationalsozialismus, 2. erweiterte Ausgabe, München 1998,<br />

S. 244 ff.

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