Herman Nohl und die NS-Zeit
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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />
Werk <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s“ 253 unter <strong>die</strong> Lupe nimmt. Stühmer übernimmt nun <strong>die</strong> Aufgabe,<br />
vor allem an Matthes, aber auch an Klafki <strong>und</strong> Brockmann orientiert, Hasko Zimmers<br />
Kritik an <strong>Nohl</strong>s Rassismus zurückzuweisen. Dabei versteigt sich Stühmer zu Sätzen<br />
wie: „Selbst <strong>Nohl</strong> erkannte, dass aus biologischer Sicht <strong>die</strong> Erstarrung eines Volkes<br />
gleichzeitig <strong>die</strong> wahrscheinliche Zerstörung des Volkes <strong>und</strong> seiner Kultur bedeutet.“<br />
(Stühmer 2004, S. 157) Das Wörtchen „selbst“ weist darauf hin, dass er nicht nur <strong>Nohl</strong><br />
referiert, sondern <strong>die</strong>ser vorgeblichen Erkenntnis zustimmt, so dass der von Klafki<br />
gegen Zimmer erhobene Vorwurf einer „selektiven Begradigung“ widersprüchlicher<br />
<strong>und</strong> mehrdeutiger Aussagen <strong>Nohl</strong>s gegen Stühmer selbst verwendet werden kann,<br />
insbesondere bei Stühmers Bagatellisierung der rassistischen Positionen <strong>Nohl</strong>s in dessen<br />
Vorlesungsmanuskript 1933/34: „Er grenzt sich aber gegen <strong>die</strong> Rassenhygieniker seiner<br />
<strong>Zeit</strong> ab (…)“ (Stühmer 2004, S. 155). Stühmer begründet seine Position nicht mit einer<br />
Analyse der Vorlesung, sondern verweist lediglich auf Matthes.<br />
Eine besondere Form deutsch-nationalistischer Verherrlichung der Person <strong>Herman</strong><br />
<strong>Nohl</strong>s bildet <strong>die</strong> von Walter Thys herausgegebene <strong>und</strong> kommentierte Zusammenstellung<br />
„Ein Landsturmmann im Himmel. Flandern <strong>und</strong> der Erste Weltkrieg in den Briefen<br />
von <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> an seine Frau“ 254 von 2005, in der über sechsh<strong>und</strong>ert Briefe dokumentiert<br />
werden. Ohne auf <strong>die</strong> ganz besonderen Gräuel der deutschen Soldateska in<br />
Belgien während des Ersten Weltkriegs einzugehen, wird <strong>die</strong> Idylle Belgiens zur <strong>Zeit</strong><br />
der deutschen Besatzung als Naturereignis geschildert. 255 Die deutsche Besatzungsarmee<br />
in Belgien, einschließlich <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>, hat es sich auf Kosten der Bevölkerung<br />
gut gehen lassen, wie <strong>die</strong> schwärmerischen Briefe <strong>Nohl</strong>s an seine Frau beweisen. Wie es<br />
konkret einzuschätzen ist, dass im Jahr 2005 ausgerechnet eine so umfangreiche Edition<br />
<strong>die</strong>ser Kriegsbriefe <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s erscheinen konnte, ist eine andere Frage.<br />
253 Stühmer, Alexander: Das Verhältnis von Politik <strong>und</strong> Pädagogik im Werk <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s, in: Gatzemann,<br />
Thomas/Göing, Anja Silvia (Hrsg.): Geisteswissenschaftliche Pädagogik, Krieg <strong>und</strong> Nationalsozialismus.<br />
Kritische Fragen nach der Verbindung von Pädagogik, Politik <strong>und</strong> Militär, Frankfurt am<br />
Main/Berlin/Bern/Brüssel/New York/Oxford/Wien 2004, S. 141–163.<br />
254 Thys, Walter (Hrsg.): Ein Landsturmmann im Himmel. Flandern <strong>und</strong> der Erste Weltkrieg in den<br />
Briefen von <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> an seine Frau, Leipzig 2005.<br />
255 Aber es war <strong>die</strong> vierte Armee <strong>und</strong> nicht Neckermann, <strong>die</strong> <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> seine Naturerlebnisse in<br />
Belgien ermöglichte. Wenn <strong>die</strong> Be<strong>die</strong>nung in einem Restaurant von <strong>Nohl</strong> zitiert wird mit „Die Deutschen<br />
haben zwei Mägen <strong>und</strong> kein Herz“ (Thys, S. 8), erhält der Titel „Ein Landsturmmann im Himmel“ dann<br />
doch eine andere Färbung.<br />
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