Herman Nohl und die NS-Zeit
Herman Nohl und die NS-Zeit
Herman Nohl und die NS-Zeit
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />
<strong>Nohl</strong> – anders als Peter Petersen oder Erich Weniger –niemals von sich auch nur im<br />
Ansatz behauptet hätte, im Widerstand gewesen zu sein.<br />
Blochmanns Darstellung der letzten fünfzehn Lebensjahre <strong>Nohl</strong>s beginnt mit ausführli-<br />
chen Zitaten aus dem bereits erwähnten Hildesheimer Manuskript <strong>und</strong> schildert, dass<br />
<strong>Nohl</strong> jetzt „ein öffentliches Wirken im großen Stil“ (Blochmann 1969, S. 189) möglich<br />
gewesen sei. Sie hebt seine Rolle bei der Entnazifizierung hervor: „Die rasche Ent-<br />
schiedenheit gegen <strong>die</strong> wirklichen Nazis <strong>und</strong> <strong>die</strong> Großzügigkeit gegen <strong>die</strong>, <strong>die</strong> sich nur<br />
hatten einfangen lassen.“ (Blochmann 1969, S. 190) Es sei hier angemerkt, dass von<br />
Blochmann für <strong>die</strong>se „rasche Entschiedenheit“ gegen <strong>die</strong> wirklichen Nazis keine Belege<br />
angeführt werden <strong>und</strong> solche Belege auch nicht bekannt sind, während <strong>die</strong> „Großzügig-<br />
keit“ gegenüber den Befürwortern des Nationalsozialismus in der Tat charakteristisch<br />
für <strong>Nohl</strong> ist. 178<br />
Eine eigenständige biographische Untersuchung zu <strong>die</strong>sem Thema, <strong>die</strong> Haltung <strong>Nohl</strong>s<br />
zu den aktiven Widerstandskämpfern, auf <strong>die</strong> Blochmann indirekt aufmerksam macht,<br />
wurde bisher nicht durchgeführt. Blochmann gibt hier nur zwei Hinweise in der ihr<br />
eigenen Art. Als <strong>Nohl</strong> selbst von der britischen Besatzungsmacht überprüft wurde,<br />
wurde ihm offensichtlich vorgeschlagen, dass er in <strong>die</strong> Redaktion seiner <strong>Zeit</strong>schrift „Die<br />
Sammlung“ (deren Autoren ja nicht alle ohne Berührungspunkte zum Nationalsozialis-<br />
mus waren 179 ) möglichst jemand aufnehmen solle, „der im KZ gesessen hat“ (Bloch-<br />
mann 1969, S. 200). Blochmann interpretiert das als „Unverständnis der Besatzungs-<br />
mächte“ (Blochmann 1969, S. 200). <strong>Nohl</strong> wiederum notierte laut Blochmann am<br />
23.6.1946:<br />
116<br />
„Ich kann mich auch nicht entschließen, wen ich als den geforderten radikalen Kompagnon<br />
hineinnehmen soll. (…) Was so schwer für <strong>die</strong> Menschen zu verstehen ist,<br />
dass man heute bei uns möglichst still vorwärts gehen muss, wenn man nur richtig<br />
178 Hasko Zimmer zitiert in seinem Beitrag „Pädagogische Intelligenz <strong>und</strong> Neuanfang 1945. ‚Die<br />
Sammlung‘ im Kontext der Faschismus- <strong>und</strong> Neuordnungsdiskussion 1945–1949 (in: Keim, Wolfgang<br />
(Hrsg.): Erziehungswissenschaft <strong>und</strong> Nationalsozialismus – Eine kritische Positionsbestimmung, Marburg<br />
1990) aus einem Memorandum <strong>Nohl</strong>s für <strong>die</strong> britische Militärverwaltung vom 11.4.1945. <strong>Nohl</strong> fordert<br />
dort: „Anständige Nationalsozialisten, <strong>die</strong> ihre Stellung nicht missbraucht haben, <strong>und</strong> von denen <strong>die</strong> Leute<br />
nur Gutes zu sagen wissen, sind unbedingt in ihrer Stellung zu belassen.“ (Niedersächsische Staats- <strong>und</strong><br />
Universitätsbibliothek Göttingen, Cod. Ms. H. <strong>Nohl</strong> 804, Blatt 2, zitiert nach Zimmer 1990, S. 120)<br />
179 Siehe dazu genauer den Abschnitt „Der Nationalsozialismus im Spiegel der ‚Sammlung‘ <strong>und</strong> der<br />
‚Frankfurter Hefte‘ “, in: Dudek, Peter, „Der Rückblick auf <strong>die</strong> Vergangenheit wird sich nicht vermeiden<br />
lassen“. Zur pädagogischen Verarbeitung des Nationalsozialismus in Deutschland (1945–1990), Opladen<br />
1995. S. 116 ff. Interessant ist hier insbesondere auch <strong>die</strong> Problematik des Verhaltens Weinstocks nach<br />
1945 (S. 115).