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Herman Nohl und die NS-Zeit

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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />

Kinder, auch Biographisches, kleine Bemerkungen über <strong>die</strong> Großen der Pädagogik <strong>und</strong><br />

Geistesgeschichte sowie drei Rezensionen zu aktuellen pädagogischen Publikationen.<br />

Zu <strong>die</strong>sen Beiträgen <strong>Nohl</strong>s sei hier nur einiges kurz erwähnt:<br />

In dem kleinen Aufsatz zu Diltheys h<strong>und</strong>ertstem Geburtstag 117 lobt <strong>Nohl</strong> ausdrück-<br />

lich Heideggers Buch „Sein <strong>und</strong> <strong>Zeit</strong>“, da er „den philosophischen Sinn der Diltheyschen<br />

Arbeit erkannt <strong>und</strong> durch seine Radikalisierung aktualisiert hat“.<br />

Im kurzen Aufsatz „Die Bedeutung der Frau <strong>und</strong> Mutter für das Deutschtum im<br />

Ausland“ 118 definiert <strong>Nohl</strong> als Aufgabe der Kindergärten „dem Kinde Sprache, Mythos<br />

<strong>und</strong> Sitte unseres Volkes in den frühen Jahren zu lehren, wo sie noch seine unbewussten<br />

Instinkte gestalten“. Lobend hebt <strong>Nohl</strong> hervor, dass in <strong>die</strong>ser Hinsicht das „Grenzlanddeutschtum“<br />

vorangegangen sei <strong>und</strong> „den Kindergarten für seinen Kampf benutzt“. Der<br />

Gedanke der pädagogischen Autonomie findet sich hier nicht einmal im Ansatz. Für <strong>die</strong><br />

Zusammenhänge zwischen Pädagogik <strong>und</strong> Psychologie in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong> mag es von<br />

Gewicht sein, dass <strong>Nohl</strong> ausgerechnet ein Buch von Erich Jaensch in der zweiten<br />

Auflage von 1935 positiv bespricht. 119<br />

117 <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Zu Wilhelm Diltheys h<strong>und</strong>ertstem Geburtstag, in: Forschungen <strong>und</strong> Fortschritte,<br />

Nachrichtenblatt der Deutschen Wissenschaft <strong>und</strong> Technik, 9. Jg. (1933), Heft 33, S. 479–480. [Dokumentation<br />

ad fontes <strong>Nohl</strong>: S. 395]<br />

118 <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Die Bedeutung der Frau <strong>und</strong> Mutter für das Deutschtum im Ausland, in: Kindergarten,<br />

<strong>Zeit</strong>schrift des Deutschen Fröbel-Verbandes, des Deutschen Verbandes für Schulkinderpflege <strong>und</strong> der<br />

Berufsorganisation der Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen <strong>und</strong> Jugendleiterinnen e.V., 74. Jg. (1933),<br />

S. 125–126. [Dokumentation ad fontes <strong>Nohl</strong>: S. 396–397]<br />

119 <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Rezension von: Erich Jaensch: Neue Wege der Erziehungslehre <strong>und</strong> Jugendk<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> deutsche Erneuerung, in: <strong>Zeit</strong>schrift für Kinderforschung, Jg. 1936, Band 45, S. 241. [Dokumentation<br />

ad fontes <strong>Nohl</strong>: S. 408] Jaensch plä<strong>die</strong>rt in <strong>die</strong>ser Schrift unter anderem für <strong>die</strong> „rechte Gattenwahl“ als<br />

wichtigsten Vorgang für <strong>die</strong> „völkische <strong>und</strong> rassische Höherführung“ (Jaensch, S. 66).<br />

Bereits 1933 erschien von Jaensch <strong>die</strong> Broschüre „Die Lage <strong>und</strong> <strong>die</strong> Aufgaben der Psychologie. Ihre<br />

Sendung in der deutschen Bewegung <strong>und</strong> an der Kulturwende“ (Leipzig 1933), wobei er an <strong>die</strong> Begrifflichkeit<br />

<strong>Nohl</strong>s von der „deutschen Bewegung“ anknüpft. Jaensch betätigt sich als ausgesprochener<br />

Antisemit <strong>und</strong> beschuldigt <strong>die</strong> Weimarer Republik, sie habe angeblich dafür gesorgt, dass das Fach<br />

Psychologie „ja nirgends in arische Hände kam“. In einer Fußnote rechtfertigt er ausdrücklich <strong>die</strong><br />

Vertreibung der jüdischen Hochschullehrer: „Zahlreiche deutsche Hochschullehrer erhalten jetzt Briefe<br />

aus dem Ausland, in denen zum Ausdruck gebracht wird, man verstünde dort den Antisemitismus an<br />

unseren Hochschulen nicht. Wir hätten ihn früher wohl selbst nicht verstanden; denn der Deutsche ist aufs<br />

äußerste friedfertig <strong>und</strong> gutmütig. Man weiß aber auch im Ausland anscheinend nicht, dass unsere<br />

Unterrichtsministerien 14 Jahre lang bemüht waren, das Judentum förmlich gegen uns auszuspielen, mit<br />

seiner Hilfe <strong>und</strong> durch seine starke Heranziehung in verschiedenen, namentlich in den für Weltanschauungsfragen<br />

wichtigen Fächern, alles niederzuhalten, was eigentümlich deutsch ist. Es gibt wohl in keinem<br />

anderen Lande ein entsprechendes Beispiel, <strong>und</strong> darum ist es begreiflich, dass man auswärts <strong>die</strong> Vorgänge<br />

in Deutschland nicht versteht“ (Jaensch 1933, S. 125).<br />

Es ist ein an anderer Stelle auch im Zusammenhang mit Heinrich Roth zu behandelnder Fragenkomplex, wie<br />

fast alle nicht vertriebenen Vertreter der Psychologie in Deutschland trotz (oder angesichts des erzeugten<br />

„Personalmangels“ wegen) des vorhandenen Antisemitismus in <strong>die</strong> Sparte der „Wehrmachtspsychologie“<br />

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