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Herman Nohl und die NS-Zeit

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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />

Sitte, Kunst, Fest, <strong>und</strong> in allem, was man <strong>die</strong> Heimat nennt, in Typus, Mythus <strong>und</strong><br />

Symbol.“ (<strong>Nohl</strong>: Pädagogische Bewegung, 1935, S. 286, Hervorhebungen im Original)<br />

Auch hier gilt wieder, dass <strong>Nohl</strong> betont, auf Biologie <strong>und</strong> Geist achten zu müssen,<br />

wobei unter der geistigen Substanz nun der „Mythos“, eben jener Mythos des<br />

20. Jahrh<strong>und</strong>erts, den Arthur Rosenberg beschwört, seinen Platz erhält. <strong>Nohl</strong> selbst<br />

bezeichnet das als das „ganz Neue unserer Nationallage“, dass „<strong>die</strong> volkserzieherische<br />

Aufgabe (…) auf den neuen Volkstypus, den biologischen wie den geistigen Typus,<br />

gerichtet ist“ (<strong>Nohl</strong>: Pädagogische Bewegung, 1935, S. 287).<br />

Weiter heißt es – direkt aus dem Vorlesungsmanuskript übernommen – bei <strong>Nohl</strong> in<br />

<strong>die</strong>sem Sinne, nun in aller Öffentlichkeit <strong>die</strong> „Typenbildung“ Ernst Kriecks herausstellend:<br />

„Man kann sich aber nicht denken, dass der Einheitswille unseres Volkes, der heute<br />

seine stärkste Sehnsucht ausdrückt, nicht auch mit <strong>die</strong>ser Trennung fertig werden<br />

sollte. Jedenfalls hat der nationalsozialistische Staat <strong>die</strong> Überzeugung der pädagogischen<br />

Bewegung hinter sich, wenn er hier radikal zugreift <strong>und</strong> <strong>die</strong> Ganzheit oberhalb<br />

aller <strong>die</strong>ser Gegensätze herausarbeitet. Er besitzt in dem nationalen Gehalt unserer<br />

Geschichte wie unserer Sendung auch den F<strong>und</strong>us, der <strong>die</strong> einheitliche Schule zu<br />

tragen vermag.“ (<strong>Nohl</strong>: Pädagogische Bewegung, 1935, S. 287)<br />

Nach so viel Unterstützung des <strong>NS</strong>-Regimes in theoretischer, politischer <strong>und</strong> praktischer<br />

Hinsicht geht <strong>Nohl</strong> – auch wieder aus dem Schlussteil des Vorlesungsmanuskripts<br />

übernommen – in seinem abschließenden Statement, sich auf Heidegger <strong>und</strong> Jaspers<br />

berufend, jedoch auch erneut 1935 deutlich ein Stück weit auf Distanz:<br />

„Die geistige Welt ist aber nicht bloß das bewusst-gemachte jeweilige historische<br />

Dasein, sondern greift darüber hinaus nach den ewigen Gr<strong>und</strong>rechten der Idealität,<br />

<strong>die</strong> auch das höchste historische Dasein noch richten. Wo einem Volk solche freie<br />

Geistigkeit versagt ist, weil sie gehemmt wird wie in den Staaten der Inquisition,<br />

oder nicht gewertet wird wie in Sparta, oder weil <strong>die</strong> radikalen Köpfe fehlen, <strong>die</strong><br />

immer wieder mutig zu den letzten Gr<strong>und</strong>lagen der Existenz durchstoßen, da geht es<br />

zugr<strong>und</strong>e. Plato ist es gewesen, der in seinem Staat <strong>die</strong> staatengestaltende Kraft der<br />

freien Wissenschaft, d. h. der Wissenschaft, <strong>die</strong> nicht im Dienst der Praxis steht, sondern<br />

<strong>die</strong> Wahrheit um ihrer selbst willen sucht, als erster ausgesprochen <strong>und</strong> so formuliert<br />

hat, dass sie bis heute fortwirkt: wahrhaft geb<strong>und</strong>en ist eine Überzeugung<br />

erst, wo sie nicht bloß im Enthusiasmus gründet, sondern gerechtfertigt ist durch ein<br />

wahrhaftes Denken.“ (<strong>Nohl</strong>: Pädagogische Bewegung, 1935, S. 288)<br />

In <strong>die</strong>ser abschließenden Passage, in der <strong>Nohl</strong> <strong>die</strong> freie Wissenschaft zu verteidigen<br />

beansprucht, bleibt ein Problem. Die Wahrheit, dass längst jede Freiheit der Wissenschaft<br />

beseitigt wurde, dass längst <strong>die</strong> „radikalen Köpfe“ fehlten, weil sie ermordet oder<br />

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