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Herman Nohl und die NS-Zeit

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I. Gr<strong>und</strong>positionen <strong>und</strong> Hauptwerke<br />

Der publizierte Vortrag „Der Sinn der Strafe“ (1925) 65 entwickelt systematisch, an<br />

Hegel orientiert, <strong>die</strong> Vielschichtigkeit <strong>und</strong> Vielsinnigkeit der Strafe. <strong>Nohl</strong> unterscheidet<br />

kenntnisreich den Zweck der Strafe gegenüber dem Täter, der Gesellschaft <strong>und</strong> den<br />

Geschädigten <strong>und</strong> kombiniert <strong>die</strong>se Fragen mit seiner an Platon angelehnten These der<br />

drei Schichten der Seele: dem Trieb, dem Willen <strong>und</strong> der Vernunft.<br />

Angesichts des Vorrangs des Zöglings, zumindest „zunächst“, wirkt folgende Endpassage<br />

des Aufsatzes eher bedrohlich: „Der ungeheure Ernst der Gefängnismauern,<br />

innerhalb deren <strong>die</strong>se Erziehung vor sich geht, repräsentiert <strong>die</strong> unerbittliche Realität<br />

des Rechts <strong>und</strong> <strong>die</strong> überlegene Machtbehauptung des sittlichen Willens der Gemeinschaft“<br />

(<strong>Nohl</strong>: Dreißig Jahre, 1949, S. 172).<br />

Die „von uns allen ersehnte Volksgemeinschaft“<br />

Im ursprünglich als Bericht verfassten Aufsatz „Die Pädagogik der Verwahrlosten“<br />

(1924) 66 fügt <strong>Nohl</strong> <strong>die</strong>ser platonischen Drei-Schichten-These noch eine vierte Schicht<br />

hinzu. Er unterscheidet innerhalb der Schicht der „nus“ (Vernunft) <strong>die</strong> höhere geistige<br />

Gr<strong>und</strong>richtung von der „zentralen Ich-Einheit“. <strong>Nohl</strong> vertieft in <strong>die</strong>sem Beitrag seine<br />

Haltung zur modernen Psychologie, führt ausdrücklich noch C. G. Jung für <strong>die</strong> Analyse<br />

der Triebschichten an, findet aber nun gegenüber der Freud-Schule massivere Worte. Er<br />

spricht von der „Monomanie der Entdecker“ <strong>und</strong> dem „Exzess“ der Freud-Schule<br />

(<strong>Nohl</strong>: Dreißig Jahre, 1949, S. 177). Auch hier betont <strong>Nohl</strong> nachhaltig <strong>die</strong> Notwendig-<br />

keit der „personalen Bindung“ (<strong>Nohl</strong>: Dreißig Jahre, 1949, S. 181) mit dem Ziel, dass<br />

<strong>die</strong> Straftäter ihre Selbstachtung wiedergewinnen.<br />

Von Gewicht für <strong>die</strong> Ausformulierung des Gedankens der pädagogischen Autonomie<br />

sind drei weitere Aufsätze. Im veröffentlichten Vortrag „Der Reichsschulgesetzentwurf“<br />

(1928) 67 fordert <strong>Nohl</strong> <strong>die</strong> Erziehungswissenschaftler auf, „der Lehrerschaft in<br />

65 <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Der Sinn der Strafe (1925), in: <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Pädagogik aus dreißig Jahren, Frankfurt<br />

am Main 1949, S. 161–172. Vortrag auf der Jahresversammlung der Gefängnisgesellschaft für <strong>die</strong><br />

Provinz Sachsen <strong>und</strong> Anhalt in Halle 1925, zuerst erschienen in: Die Erziehung. Monatsschrift für den<br />

Zusammenhang von Kultur <strong>und</strong> Erziehung in Wissenschaft <strong>und</strong> Leben, 1. Jg. (1925/26), S. 27–38.<br />

66 <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Die Pädagogik der Verwahrlosten (1924), in: <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Pädagogik aus dreißig<br />

Jahren, Frankfurt am Main 1949, S. 173–181. Zuerst erschienen in: Bericht über <strong>die</strong> dritte Tagung über<br />

Psychopathenfürsorge in Heidelberg, Berlin 1925, S. 23–31.<br />

67 <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Der Reichsschulgesetzentwurf (1928), in: <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Pädagogik aus dreißig Jahren,<br />

Frankfurt am Main 1949, S. 222–232. Vortrag vor der Göttinger Lehrerschaft 1928, zuerst erschienen in:<br />

Die Erziehung. Monatsschrift für den Zusammenhang von Kultur <strong>und</strong> Erziehung in Wissenschaft <strong>und</strong><br />

Leben, 3. Jg. (1927/28), S. 40–49.<br />

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