Herman Nohl und die NS-Zeit
Herman Nohl und die NS-Zeit
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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />
„Und in der ganzen nationalen Breite entstand der neue Typus erst in der soldatischen<br />
Zuchtform, <strong>die</strong> Hitler unserem Volke vorgeschrieben hat, indem er es in <strong>die</strong><br />
SA-Uniform <strong>und</strong> <strong>die</strong> Uniform des Arbeits<strong>die</strong>nstes steckte, ihm Mythos <strong>und</strong> Symbol<br />
gab <strong>und</strong> das ‚schweifende Bildungsleben der Väter auf <strong>die</strong> elementaren Notwendigkeiten<br />
des Volksdaseins ausrichtete‘, es damit vereinfachte <strong>und</strong> zugleich konzentrierte.“<br />
(<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 90)<br />
Hier wird deutlich, dass <strong>die</strong> <strong>NS</strong>-Bewegung <strong>und</strong> Adolf Hitler für <strong>Nohl</strong> so etwas wie<br />
Vollstrecker der Geschichte Deutschlands sind. Der Gedankengang <strong>Nohl</strong>s ist in etwa<br />
folgender: Es existieren in der Geschichte Deutschlands, insbesondere in der „Deut-<br />
schen Bewegung“, alle nötigen Zutaten, <strong>die</strong> nur noch als Ganzes zusammengefasst<br />
werden müssen, um mit Hilfe <strong>die</strong>ser nationalen ganzheitlichen Bewegung den deut-<br />
schen Typus wirklich zu schaffen. Diese Zusammenfassung ist, so <strong>Nohl</strong>, trotz aller<br />
Bedenken, <strong>die</strong> historische Leistung des <strong>NS</strong>-Regimes.<br />
<strong>Nohl</strong> lehnt das <strong>NS</strong>-Regime nicht nur nicht ab, nein, er begrüßt es ausdrücklich, bejaht<br />
<strong>die</strong>se Kraft (schon seit 1932), betätigt sich aber auch weiterhin als „Mahner“, der weiter<br />
in <strong>die</strong> Zukunft blickt <strong>und</strong> weiß, dass allein durch politische Mittel „der deutsche Typus“<br />
nicht geschaffen werden kann, dass hier <strong>die</strong> nationale Pädagogik eingreifen, züchten,<br />
bilden, formen <strong>und</strong> in der Tiefe das vorher Gewonnene verankern müsse.<br />
Ganz <strong>und</strong> gar keinen Zweifel will <strong>Nohl</strong> daran lassen, dass er <strong>die</strong>sen Aspekt nur als<br />
Zusatz, nicht als Widerspruch zur nationalsozialistischen Bewegung einbringen möchte.<br />
Um <strong>die</strong>s zu untermauern geht er so weit, ausgerechnet seinen erziehungswissenschaftlichen<br />
Kollegen Wilhelm Flitner der Verleugnung des Führerprinzips öffentlich vor der<br />
studentischen Zuhörerschaft <strong>und</strong> ihren mitschreibenden Teilen zu überführen:<br />
„Wir sagten, am Ende gehe <strong>die</strong> Typenbildung in einem Volk immer von oben nach<br />
unten, <strong>die</strong> verantwortliche Führerschicht schaffe den Typus <strong>und</strong> müsse ihn in sich<br />
erhalten. Flitner ist in dem genannten schönen Aufsatz für unsere heutige deutsche<br />
Situation anderer Meinung: ‚regierbares Volk gestalten, das <strong>die</strong> Regentschaft erträgt<br />
<strong>und</strong> produktiv trägt‘, das sei unser erstes Problem, <strong>die</strong> Bildung der Regentenschicht<br />
erst das sek<strong>und</strong>äre (717/18). Ich meine, der ganze Aufbau, wie ihn der Führer der<br />
nationalsozialistischen Bewegung geschaffen hat, widerspricht dem. Nur der Führer<br />
lebt den Typus vor. Auch hier geht <strong>die</strong> Bewegung der Typenbildung unerbittlich nur<br />
von oben nach unten, <strong>und</strong> nur wenn <strong>die</strong> Führererziehung gelingt, wird auch <strong>die</strong><br />
Volkserziehung gelingen. Diese führende Schicht ist keine Kaste mehr, auch keine<br />
Kaste der Gebildeten, aber sie bleibt ein herausgehobener Kreis von Menschen, allen<br />
sichtbar in ihrem Tun <strong>und</strong> Lassen, Reden <strong>und</strong> Entscheiden, als Träger der Verantwortung<br />
in Ämtern jeder Art. Wie sie leben, sich benehmen, was sie schätzen <strong>und</strong><br />
ablehnen, das gestaltet als Vorbild das Volk.“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 91)<br />
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