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Herman Nohl und die NS-Zeit

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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />

2005 geht Jürgen Oelkers in seiner Arbeit „Reformpädagogik. Eine kritische Dogmen-<br />

geschichte“ 256 erneut auf <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> ein. 257 Oelkers geht davon aus, dass nicht <strong>die</strong><br />

wirkliche Geschichte der Pädagogik in Deutschland <strong>und</strong> im internationalen Maßstab,<br />

insbesondere in den Publikationen <strong>Nohl</strong>s, rekonstruiert <strong>und</strong> beschrieben wird, sondern<br />

dass gerade <strong>Nohl</strong>s „Pädagogische Bewegung in Deutschland“ Ausgangspunkt einer<br />

„Dogmengeschichte“ ist. Er zitiert <strong>Nohl</strong>: „Die ges<strong>und</strong>e Dogmatik der Pädagogen<br />

beginnt mit einer radikalen Gläubigkeit an das Gesetz seiner Lebensarbeit“ (<strong>Nohl</strong>, in:<br />

Oelkers 2005, S. 21). 258<br />

Als erstes gr<strong>und</strong>legendes <strong>und</strong> falsches Dogma bezeichnet Oelkers <strong>die</strong> Epochenbestim-<br />

mung <strong>Nohl</strong>s, „der <strong>die</strong> <strong>Zeit</strong> zwischen 1890 <strong>und</strong> 1930 als Einheit pädagogischer Bewe-<br />

gungen versteht“ (Oelkers 2005, S. 19). Zweitens wäre dadurch sowie durch <strong>die</strong> Kon-<br />

struktion eines Vorläufers in der „Deutschen Bewegung“ <strong>die</strong> gesamte internationale<br />

Pädagogik ausgeklammert <strong>und</strong> ausgegrenzt. Die Kronzeugen, <strong>die</strong> <strong>Nohl</strong> als geistvollste<br />

Vertreter der Bildung anführt, „waren allesamt Deutsche“ (Oelkers 2005, S. 76). Dieses<br />

Dogma sei sowohl durch <strong>die</strong> <strong>Zeit</strong>schrift „Die Erziehung“ als auch durch eine Fülle von<br />

Zusammenfassungen <strong>und</strong> Lexika massiv stabilisiert worden (Oelkers 2005, S. 14).<br />

Oelkers weist darauf hin, wie massiv <strong>Nohl</strong> Richtungen, <strong>die</strong> ihm nicht ins Konzept<br />

passen, unter den Tisch fallen lässt, etwa <strong>die</strong> scharfe Schulkritik von Ludwig Börne, der<br />

einen „Aufstand der Schuljugend“ forderte <strong>und</strong> <strong>die</strong> obrigkeitsstaatliche Pädagogisierung<br />

der Gesellschaft einer scharfen Kritik unterzog (Oelkers 2005, S. 17 f.). Auch Karl<br />

Gutzkow <strong>und</strong> später vor allem <strong>die</strong> sozialistischen Pädagogen seien von <strong>Nohl</strong> ausge-<br />

grenzt worden.<br />

Der große Wert der Arbeit Oelkers’ liegt gerade darin, dass er eine sehr große Fülle an<br />

Hinweisen <strong>und</strong> Materialien zur Geschichte der Pädagogik anführt, <strong>die</strong> <strong>die</strong> <strong>Nohl</strong>’schen<br />

Dogmen Punkt für Punkt widerlegen.<br />

Der Erziehungswissenschaftler Christian Niemeyer hat in seiner 2005 erschienenen<br />

Schrift „Klassiker der Sozialpädagogik. Einführung in <strong>die</strong> Theoriegeschichte einer<br />

256<br />

Oelkers, Jürgen: Reformpädagogik. Eine kritische Dogmengeschichte, 4. vollständig überarbeitete <strong>und</strong><br />

erweiterte Auflage, Weinheim/München 2005.<br />

257<br />

Die Schrift entstand ursprünglich 1989, im Folgenden wird jedoch <strong>die</strong> vierte, „vollständig überarbeitete<br />

<strong>und</strong> erweiterte Auflage“ 2005 behandelt.<br />

258<br />

<strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Die Pädagogische Bewegung in Deutschland <strong>und</strong> ihre Theorie, Frankfurt am Main 1935,<br />

S. 130.<br />

153

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