Herman Nohl und die NS-Zeit
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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />
76<br />
„Wenn unser neuer Staat mit gutem Gr<strong>und</strong> sein erstes <strong>und</strong> entscheidendes Mittel in<br />
einer diktatorischen Massenführung hat, <strong>die</strong> auch den Letzten noch national erweckt<br />
<strong>und</strong> bewusst macht <strong>und</strong> unserm Volk <strong>die</strong> Einheit seines Gefüges wiedergibt, wobei<br />
dann ganz neue pädagogische Aufgaben <strong>und</strong> Möglichkeiten erscheinen, so werden<br />
<strong>die</strong> wahren Einsichten der pädagogischen Bewegung in irgendeiner Gestalt doch in<br />
<strong>die</strong>se Arbeit eingehen müssen.“ (<strong>Nohl</strong>: Pädagogische Bewegung, 1935, ungezählte<br />
Seite)<br />
Die „diktatorische Massenführung“ wird klar benannt, aber offensichtlich als Chance<br />
angesehen, „unserem Volk <strong>die</strong> Einheit seines Gefüges“ wiederzugeben. Aber, so <strong>die</strong><br />
Botschaft, „ohne Pädagogik“ geht es nicht! <strong>Nohl</strong> beginnt sein Vorwort mit folgender<br />
Behauptung:<br />
„Es gibt zwei Wege, ein Volk zu gestalten: <strong>die</strong> Politik <strong>und</strong> <strong>die</strong> Pädagogik. Was in<br />
<strong>die</strong>sem Buch dargestellt wird, ist <strong>die</strong> Geschichte der leidenschaftlichen Anstrengung<br />
unserer Nation seit dem Wissen um <strong>die</strong> Kulturkrise, das Problem ihres neuen Volkwerdens<br />
auf dem pädagogischen Wege zu lösen. Dieser Versuch ist nicht geglückt –<br />
jeder Ansatz endete mit dem Zerfall in <strong>die</strong> Parteien, der gerade überw<strong>und</strong>en werden<br />
sollte, <strong>und</strong> <strong>die</strong> Politik nahm schließlich <strong>die</strong> Aufgabe in ihre Hände. Damit ist der<br />
große Sinn <strong>die</strong>ser Bewegung <strong>und</strong> ihr echter Wille aber nicht vergebens gewesen.“<br />
(<strong>Nohl</strong>: Pädagogische Bewegung, 1935, ungezählte Seite)<br />
Diese Passage ist der Schlüssel zur Denkweise <strong>Nohl</strong>s. Die Pädagogik hat es nicht<br />
geschafft; gut dass <strong>die</strong> „Bewegung“ <strong>die</strong> Aufgaben in ihre Hände genommen hat. Das<br />
Streben <strong>Nohl</strong>s ist, dass der <strong>NS</strong>-Staat, <strong>die</strong> <strong>NS</strong>-Bewegung nun <strong>die</strong> Tradition der „pädago-<br />
gischen Bewegung“ in sich aufnimmt <strong>und</strong> zur Entfaltung bringt. Darum geht es, „<strong>die</strong><br />
wahren Einsichten der pädagogischen Bewegung in irgendeiner Gestalt“ doch einbrin-<br />
gen zu müssen. <strong>Nohl</strong> gibt sich in <strong>die</strong>ser Vorbemerkung selbstkritisch: „Was ich zuge-<br />
lernt habe [seit der ersten Auflage 1933], wird aus dem Nachwort am Schluss des<br />
Bandes ersichtlich sein“, schrieb <strong>Nohl</strong> im September 1935.<br />
Im Nachwort aus dem Jahr 1935 gibt es stellenweise Überschneidungen mit der im<br />
ersten Teil der Dokumentation ad fontes <strong>Nohl</strong> abgedruckten Einleitung des Vorlesungsmanuskripts<br />
„Die Gr<strong>und</strong>lagen der nationalen Erziehung“. 112 Im Unterschied zu<br />
<strong>die</strong>sem Manuskript wurde jedoch das Nachwort in mehreren Auflagen bis heute veröffentlicht,<br />
so dass es im Gegensatz zu dem Vorlesungsmanuskript eine erhebliche<br />
Wirkung entfalten konnte.<br />
112 <strong>Nohl</strong> nahm folgende drei Änderungen gegenüber der Einleitung des Vorlesungsmanuskripts 1933/34<br />
vor: Dem Text des Nachwortes 1935 wurden zwei Passagen hinzugefügt. Außerdem wurde eine Passage<br />
aus der Einleitung des Vorlesungsmanuskripts im Nachwort gestrichen. Zusätzlich wurde dem Nachwort<br />
am Ende eine Passage aus dem neunten Kapitel des Vorlesungsmanuskripts hinzugefügt.