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Herman Nohl und die NS-Zeit

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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />

wiesen, aber sie rückt an <strong>die</strong> zweite Stelle. Die Ausbildung der sozialen Gefühle <strong>und</strong><br />

der elementaren Gemüts- <strong>und</strong> Willenskräfte haben den Vorrang.“ (<strong>Nohl</strong>, in: Matthes<br />

1998, S. 77) 235<br />

Diesem Vorrang der Erziehung vor der Bildung begegnet Matthes offensichtlich mit<br />

Sympathie begleitet. Matthes kommt zu dem Gesamtbef<strong>und</strong>, dass bei <strong>Nohl</strong> „nach 1945<br />

<strong>die</strong> Kontinuität“ überwiegt. So ist „nach wie vor das Volk für ihn <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>einheit des<br />

geschichtlichen Lebens“ (Matthes 1998, S. 81), was in der Tat in sich stimmig ist, aber<br />

eben nicht <strong>die</strong> Qualität, sondern <strong>die</strong> Problematik <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s ausmacht. Wenn<br />

Matthes im letzten Absatz ihrer <strong>Nohl</strong>-Analyse zur Schlussfolgerung kommt, das <strong>Nohl</strong>s<br />

„Demokratieverständnis jedoch schwammig“ ist (Matthes 1998, S. 83), kann angemerkt<br />

werden, dass auch <strong>die</strong>se Einsicht wenig präzise <strong>und</strong> eher schwammig ist.<br />

So oder so wird angesichts der Bemühungen, Erziehung vor Bildung zu favorisieren,<br />

Demokratie als Elitenaufgabe anzusehen <strong>und</strong> erneut eine „Deutsche Bewegung“, heute<br />

„deutsche Leitkultur“, zu beschwören, <strong>die</strong> restaurative Tendenz in der deutschen<br />

Pädagogik einschließlich <strong>die</strong>ser Publikation von Eva Matthes Gegenstand gründlicher<br />

Auseinandersetzung bleiben.<br />

Das im Jahr 2000 erschienene „Jahrbuch für Pädagogik 1999“ enthält den <strong>die</strong> bisherige<br />

Debatte vertiefenden Beitrag „Das Kind im Widerspruch ‚Pädagogischen Denkens‘ “ 236<br />

von Karl Christoph Lingelbach. Lingelbachs Ausgangspunkt ist hier, dass der selektiv<br />

gelesene <strong>Nohl</strong> eine bedeutende <strong>und</strong> durchaus positive Wirkung der Hinwendung zum<br />

Subjekt, zur Eigenständigkeit des Kindes, zum Anwalt des Kindes bewirkt habe. In<br />

<strong>die</strong>sem Sinne, so Lingelbach, seien <strong>die</strong>se Gedanken insbesondere auch von Wolfgang<br />

Klafki (Lingelbach verweist auf das „Funk-Kolleg Erziehungswissenschaft“ 237 ) seit den<br />

1960er Jahren verbreitet worden. Der Gedanke der Zuwendung zum Subjekt bei <strong>Nohl</strong>,<br />

mit seiner polaren Argumentation, sei aber „ständig mit nationalpädagogischen Überlegungen<br />

verschränkt“ (Lingelbach 2000, S. 134). Lingelbach arbeitet nun heraus, dass<br />

<strong>Nohl</strong> zwar von „nationalpädagogisch“ spricht, <strong>die</strong>ser Strang aber im Gr<strong>und</strong>e aus der<br />

235<br />

<strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Die Erziehung in der Kulturkrise, in: Die Sammlung. <strong>Zeit</strong>schrift für Kultur <strong>und</strong><br />

Erziehung, 3. Jg. (1948), S. 648.<br />

236<br />

Lingelbach, Karl Christoph: Das Kind im Widerspruch „Pädagogischen Denkens“, in: Lingelbach,<br />

Karl Christoph/Zimmer, Hasko (Red.): Das Jahrh<strong>und</strong>ert des Kindes? (Jahrbuch für Pädagogik 1999),<br />

Frankfurt am Main/Berlin/Bern/Brüssel/New York/Wien 2000, S. 133–159.<br />

237<br />

Klafki, Wolfgang/Lingelbach, Karl-Christoph u. a.: Funk-Kolleg Erziehungswissenschaft. Eine<br />

Einführung in drei Bänden, Frankfurt am Main 1970.<br />

143

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