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Herman Nohl und die NS-Zeit

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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />

‚Sozialpädagogik‘ zur ‚Nationalpädagogik‘ “ (Klafki/Brockmann 2002, S. 31 ff.). Im<br />

Gr<strong>und</strong>e ist keines der Gegenargumente von Klafki <strong>und</strong> Brockmann stichhaltig, wie<br />

selbst Tenorth in einer Sammelbesprechung feststellte. 244 Als Thema der Tagung vom<br />

19.7.1931 im Lippoldsberger Landheim formuliert <strong>Nohl</strong>: „Die Aufgabe einer National-<br />

pädagogik, <strong>die</strong> jetzt <strong>die</strong> einseitige Sozialpädagogik ablöst“ (<strong>Nohl</strong>, in: Klafki/Brockmann<br />

2002, S. 34). Das auf Seite 33 vorgebrachte Argument, dass Hitlers „Mein Kampf“ von<br />

den „Kreisen der Intellektuellen“ nicht gelesen worden sei <strong>und</strong> dass so <strong>die</strong> Rigorosität<br />

der <strong>NS</strong>DAP <strong>und</strong> Hitlers eben nicht bekannt gewesen sei, ist nicht haltbar. 245 Abgesehen<br />

davon, dass sich <strong>Nohl</strong> in seiner Vorlesung 1933/34 direkt auf Hitlers „Mein Kampf“<br />

bezieht, ist das Argument der Autoren insbesondere deshalb dürftig <strong>und</strong> schäbig, da das<br />

Programm des „Deutschland erwache – Juda verrecke“ tagtäglich in der Propaganda der<br />

<strong>NS</strong>DAP für jedermann ersichtlich <strong>und</strong> das 25-Punkte-Programm der <strong>NS</strong>DAP allgemein<br />

bekannt war. Ebenfalls völlig unverständlich, angesichts der ja vorliegenden Dokumen-<br />

te <strong>Nohl</strong>s, ist <strong>die</strong> Behauptung, es gäbe keine Belege für „Affinitäten“ zwischen <strong>Nohl</strong> <strong>und</strong><br />

der späteren aggressiven, rassistischen <strong>und</strong> imperialistischen Eroberungspolitik des<br />

nationalsozialistischen Deutschlands (Klafki/Brockmann 2002, S. 37).<br />

Die ausführlich dargestellten Debatten im Kreis der <strong>Nohl</strong>-Schüler konzentrierten sich<br />

im Gr<strong>und</strong>e auf <strong>die</strong> Art <strong>und</strong> Weise, wie <strong>Nohl</strong> mit dem engagierten <strong>NS</strong>-Gegner Döring<br />

umgeht, der in einem ausführlichen Brief Diskussionen zusammengefasst hat. <strong>Nohl</strong><br />

schrieb daraufhin am 26.5.1933: „Döring hat mir tatsächlich einen entsetzlichen Brief<br />

geschrieben. Seiten um Seiten mit seinem Wort gefüllt – krankhaft!“ (<strong>Nohl</strong>, in: Klaf-<br />

ki/Brockmann 2002, S. 98). 246 In einem schwer begreiflichen Hang, <strong>Nohl</strong> in Schutz<br />

244 Tenorth schreibt: „Doch Zimmers zentrale These der lange vorbereiteten, aber systematisch um 1933<br />

vollzogenen Veränderung von <strong>Nohl</strong>s Denken wird eher bestätigt als widerlegt (…).“ Tenorth hebt<br />

außerdem besonders hervor, dass <strong>die</strong> von Klafki <strong>und</strong> Brockmann zusammengestellten Briefe beweisen,<br />

dass es eben keine einheitliche „<strong>Nohl</strong>-Schule“ gab: „Es gab hier engagierte Nazis, von H. Netzer zu G.<br />

Geißler, O. F. Bollnow <strong>und</strong> W. Scheibe, aber eben auch scharfe Kritiker“ (Tenorth, Heinz-Elmar:<br />

Gefangen in der eigenen Tradition – Erziehungswissenschaft angesichts des Nationalsozialismus. Eine<br />

Sammelbesprechung neuerer Veröffentlichungen, in: <strong>Zeit</strong>schrift für Pädagogik, 49. Jg. (2003), Heft 5,<br />

S. 747 bzw. S. 742).<br />

245 Das ist umso unverständlicher, da <strong>die</strong> Autoren selbst zitieren, dass <strong>Nohl</strong> zu Beginn des Jahres 1933 für<br />

weitere Ausgaben der <strong>Zeit</strong>schrift „Die Erziehung“ festhält: „Hitlers ‚Kampf‘ hätte z. B. unbedingt<br />

besprochen werden müssen“ (<strong>Nohl</strong>, in: Klafki/Brockmann, S. 274).<br />

246 Klafki <strong>und</strong> Brockmann folgern, dass auch eine solche Äußerung „<strong>Nohl</strong>s besonders ausgeprägte<br />

Wertschätzung Dörings letztlich nicht beeinträchtigt.“ Es gehört zu den vielen Peinlichkeiten <strong>die</strong>ses<br />

Buches, wie <strong>die</strong>se Behauptung u. a. begründet wird: „Das wird eindrücklich deutlich in <strong>Nohl</strong>s Kondolenzbrief<br />

an Dörings Mutter, nachdem ihr Sohn 1940 an der Ostfront gefallen war (…)“ (Klafki/Brockmann<br />

2002, S. 292).<br />

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