Herman Nohl und die NS-Zeit
Herman Nohl und die NS-Zeit
Herman Nohl und die NS-Zeit
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />
von Wolfgang Klafki 187 ins Auge. Klafki beklagt sich über „gängige Klischees über <strong>die</strong><br />
angebliche Aufklärungsfeindlichkeit der <strong>Nohl</strong>’schen Deutung der Deutschen Bewe-<br />
gung“ (S. 8). Das offensichtlich ausgesprochen enge Verhältnis von Klafki zu <strong>Herman</strong><br />
<strong>Nohl</strong>, das sich auch fünf<strong>und</strong>zwanzig Jahre später in mehr oder minder missglückten<br />
Versuchen, <strong>Nohl</strong> gegen „gängige Klischees“ zu verteidigen, äußert, ist hier angedeutet.<br />
Klafki hebt im Vorwort zu Finckhs Arbeit hervor, dass <strong>die</strong> angeblich ungerechten<br />
Kritiker das „polaristisch-dialektische Denkprinzip“ (S. 9) bei <strong>Nohl</strong> nicht erkannt hätten<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> Fehlinterpretationen <strong>Nohl</strong>s eben auf der Verkennung <strong>die</strong>ser Denkstrukturen<br />
beruhen würden. So ist es nicht verw<strong>und</strong>erlich, dass <strong>die</strong> eigentliche Problematik der<br />
„Deutschen Bewegung“, der tiefsitzende irrationale <strong>und</strong> religiös verklärte Nationalis-<br />
mus, in <strong>die</strong>ser Dissertation nicht aufgeklärt wird.<br />
Im Gegenteil. Hans Jürgen Finckh erklärt nach gründlicher Durchsicht aller <strong>die</strong>se<br />
Frage betreffenden Publikationen <strong>Nohl</strong>s sogar noch, dass der „Begriff der ‚Deutschen<br />
Bewegung‘ (…) sich als der Zentralbegriff in <strong>Nohl</strong>s Pädagogik“ (S. 251) erwiesen habe.<br />
Auch wenn im guten <strong>Nohl</strong>schen Stil Kritiken zugestanden werden, ist <strong>die</strong> überraschende<br />
Schlussfolgerung Finckhs dann doch, dass von <strong>die</strong>sem Begriff der „Deutschen Bewegung“<br />
abgesehen werden müsse, da ihn der Nationalsozialismus als „ein Etikett benutzt“<br />
habe, „mit dem ganz andere Inhalte <strong>und</strong> Intentionen versehen werden sollen“<br />
(S. 253). Auch in <strong>die</strong>ser eigentlich als Verteidigungsschrift gedachten Dissertation<br />
bleibt am Schluss stehen, dass <strong>Nohl</strong> selbst nicht immer Gefahren der nationalistischen<br />
Verengung gesehen habe. Deutlich wird durch <strong>die</strong>se Arbeit, dass doch schon eine<br />
erhebliche Bresche im Selbstverständnis der <strong>Nohl</strong>-Schule geschlagen wurde.<br />
Zum h<strong>und</strong>ertsten Geburtstag <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s 1979 erschienen ausführliche Beiträge<br />
anlässlich der Feierst<strong>und</strong>e in der Universität Göttingen – sämtlich abgedruckt in einem<br />
Heft der <strong>Zeit</strong>schrift „Neue Sammlung“. 188 Der Erziehungswissenschaftler Theodor<br />
Schulze hatte <strong>die</strong> offensichtlich unangenehme Aufgabe, auch kritische Fragen <strong>und</strong><br />
Einwände vorzutragen. Er hält den Eröffnungsvortrag mit dem Titel „ ‚Der Sinn des<br />
Lebens liegt im Leben selbst…‘. Ein neugieriger Rückblick auf <strong>die</strong> geisteswissenschaft-<br />
187<br />
Klafki, Wolfgang: Vorwort, in: Finckh, Hans Jürgen: Der Begriff der „Deutschen Bewegung“ <strong>und</strong><br />
seine Bedeutung für <strong>die</strong> Pädagogik <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s (Europäische Hochschulschriften, Reihe 11: Pädagogik,<br />
Band 41), Frankfurt am Main/Bern/Las Vegas 1977, S. 5–9.<br />
188<br />
Die neue Sammlung. Vierteljahres-<strong>Zeit</strong>schrift für Erziehung <strong>und</strong> Gesellschaft, 19. Jg. (1979), S. 539–<br />
582.<br />
120