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Herman Nohl und die NS-Zeit

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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />

Auf <strong>die</strong>sen Voraussetzungen aufbauend entwirft Blankertz im Kapitel „Von Weimar<br />

nach Bonn“ auch <strong>die</strong> Geschichte der wissenschaftlichen Pädagogik, für <strong>die</strong> er als<br />

herrschende Richtung zu Recht <strong>die</strong> geisteswissenschaftliche Pädagogik diagnostiziert.<br />

In <strong>die</strong>sem Kontext stellt er <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> als Fortsetzer Diltheys vor <strong>und</strong> beginnt dann<br />

auch, trotz der schon vorliegenden kritischen Stu<strong>die</strong>n, <strong>Nohl</strong> in einen prinzipiellen<br />

Gegensatz zum <strong>NS</strong>-Regime zu stellen: „<strong>Nohl</strong> <strong>und</strong> seine Schüler fielen 1933 in Ungna-<br />

de.“ (Blankertz 1982, S. 260) Dennoch stellt Blankertz richtigerweise fest, dass weder<br />

<strong>Nohl</strong> noch seine Schüler, „eine gr<strong>und</strong>legende Auseinandersetzung mit der nationalsozia-<br />

listischen Erziehungstheorie <strong>und</strong> deren Verbindungslinien zur pädagogischen Bewe-<br />

gung <strong>und</strong> geisteswissenschaftlichen Pädagogik geführt“ (Blankertz 1982, S. 261) haben.<br />

Nach einer Darstellung geisteswissenschaftlicher <strong>und</strong> <strong>Nohl</strong>scher Vorstellungen von<br />

Theorie <strong>und</strong> Praxis der Erziehung fasst Blankertz <strong>Nohl</strong>s Theorie des pädagogischen<br />

Bezugs in <strong>die</strong> Kategorien „Liebe, Autorität, Gehorsam, Geltung <strong>und</strong> Gemeinschaft“<br />

(Blankertz 1982, S. 270) zusammen. Im Abschnitt „Die dritte Phase der pädagogischen<br />

Bewegung“ erläutert Blankertz dann, dass <strong>Nohl</strong> den von Dilthey geprägten Begriff der<br />

„Deutschen Bewegung“ zu seiner Sache machte <strong>und</strong> bis in <strong>die</strong> pädagogische Bewegung<br />

in Deutschland verlängerte. Angesichts der Theorie der drei Phasen der pädagogischen<br />

Bewegung zitiert Blankertz <strong>Nohl</strong>, dass <strong>die</strong> dritte Phase durch „Dienst“ gekennzeichnet<br />

sei. Erschrocken schreibt Blankertz:<br />

„Das war 1933! Die den ‚Dienst‘ erheischende ‚dritte Phase‘ derjenigen pädagogischen<br />

Bewegung, der sich <strong>Nohl</strong> selbst zurechnete <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>die</strong> primäre ‚Erziehungswirklichkeit‘<br />

der geisteswissenschaftlichen Pädagogik darstellte, war, kein Zweifel<br />

ist daran möglich, der <strong>NS</strong>.“ (Blankertz 1982, S. 271)<br />

Blankertz ist ratlos, angesichts des Einerseits – Andererseits bei <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>, insbesondere<br />

wegen der These, dass „der nationalsozialistische Staat <strong>die</strong> Überzeugung der<br />

pädagogischen Bewegung hinter sich“ (Blankertz 1982, S. 272) habe. Nach Blankertz<br />

hätte es <strong>Nohl</strong> doch klar sein müssen, dass <strong>die</strong>se dritte Phase der Bewegung auf keinen<br />

Fall <strong>die</strong> erste Phase („Persönlichkeit“) <strong>und</strong> <strong>die</strong> zweite Phase („Gemeinschaft“) dialektisch<br />

in sich aufnimmt. Er fragt abschließend:<br />

„War es für den liberalen <strong>Nohl</strong> unmöglich, <strong>die</strong>sen Tatbestand bereits 1933/35 zu<br />

erfassen? Oder suchte er sich mit der Macht zu arrangieren? Oder musste er als<br />

geisteswissenschaftlicher Pädagoge, wenn er von seinem Göttinger Schreibtisch<br />

aufblickte <strong>und</strong> durch das Fenster auf der Straße <strong>die</strong> Hitler-Jugend (HJ) mit Fahnen,<br />

Trommeln <strong>und</strong> Fanfaren vorbeimarschieren sah, eben <strong>die</strong>s als <strong>die</strong> zu interpretierende<br />

‚Erziehungswirklichkeit‘ akzeptieren?“ (Blankertz 1982, S. 272)<br />

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