Herman Nohl und die NS-Zeit
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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />
Auch Robert E. Maier 218 geht in seiner Dissertation „Pädagogik des Dialogs. Ein<br />
historisch-systematischer Beitrag zur Klärung des pädagogischen Verhältnisses bei<br />
<strong>Nohl</strong>, Buber, Rosenzweig <strong>und</strong> Grisebach“, an Klafki orientiert, eher Begriff an Begriff<br />
reihend vor, als dass er <strong>die</strong> entscheidenden Probleme der bisherigen Debatte über <strong>Nohl</strong><br />
zusammengefasst. Das gilt insbesondere im Hinblick auf den pädagogischen Bezug, das<br />
pädagogische Verhältnis <strong>und</strong> <strong>die</strong> Pädagogik des Dialogs bei <strong>Nohl</strong>, auch wenn er in einer<br />
kurzen Passage auf Kritiken an <strong>Nohl</strong> eingeht (Maier, S. 93 ff.).<br />
Mit der Arbeit „Pädagogik als Politikersatz. <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s Osthilfeprogramm in<br />
lebensgeschichtlicher Perspektive“ von 1993 weist Stephan Pfeiffer 219 in dem später<br />
weitgehend unterschätzten Beitrag darauf hin, wie <strong>die</strong>ser scheinbare Ersatz der Politik<br />
durch Sozialpädagogik in der Realität zumindest „ein Stück nationalsozialistischer<br />
Ideologie <strong>und</strong> Politik“ (Pfeiffer 1993, S. 6) befördert hat. Mit einer ausführlichen<br />
Zusammenfassung des Forschungsstands über <strong>Nohl</strong> konzentriert Pfeiffer sich auch<br />
darauf, wie der „pädagogische Bezug“ bei <strong>Nohl</strong> in einer „männlich-väterlichen Form<br />
des Generationenverhältnisses“ (Pfeiffer 1993, S. 109) hergestellt wird. Dabei wird<br />
deutlich, dass zwischen <strong>die</strong>ser allgemeinen Formel <strong>und</strong> der Verherrlichung der Familie<br />
durch <strong>Nohl</strong> als Modell der Pädagogik ein innerer Zusammenhang besteht, der auch kurz<br />
<strong>und</strong> treffend als „patriarchalisch“ bezeichnet werden kann. Im Abschnitt über das<br />
Osthilfeprogramm <strong>Nohl</strong>s wird greifbar, dass der vorgeblich pädagogische Politikersatz<br />
bei <strong>Nohl</strong> darin besteht, ohne Skrupel soziales Engagement staatspolitisch zu mobilisieren.<br />
Im abschließenden Kapitel „Pädagogik gegen <strong>die</strong> Arbeitslosigkeit“ wird von<br />
Pfeiffer sehr klar <strong>die</strong> Ablenkung von den Ursachen der Arbeitslosigkeit durch sozialpädagogische<br />
Aktivitäten, <strong>die</strong> an <strong>die</strong>se Ursachen nicht herankommen, deutlich gemacht.<br />
Dabei ist insgesamt positiv hervorzuheben, dass <strong>die</strong>se Arbeit auch ideologiekritisch das<br />
scheinbar Gemütliche <strong>und</strong> Idyllische als Blendwerk für real gegen <strong>die</strong> Aufklärung<br />
gerichtete Positionen aufzeigt.<br />
218<br />
Maier, Robert E.: Pädagogik des Dialogs. Ein historisch-systematischer Beitrag zur Klärung des<br />
pädagogischen Verhältnisses bei <strong>Nohl</strong>, Buber, Rosenzweig <strong>und</strong> Grisebach (Europäische Hochschulschriften,<br />
Reihe 11: Pädagogik, Band 349), Frankfurt am Main/Berlin/Bern/New York/Paris/Wien 1992.<br />
219<br />
Pfeiffer, Stephan: Pädagogik als Politikersatz. <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s Osthilfeprogramm in lebensgeschichtlicher<br />
Perspektive, Tübingen 1993.<br />
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