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Herman Nohl und die NS-Zeit

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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />

vertrieben worden waren, kann <strong>Nohl</strong> natürlich nicht aussprechen, das heißt: Diese<br />

Wahrheit spricht er nicht aus. Es bleibt, dass <strong>die</strong> Unterstützung des <strong>NS</strong>-Regimes <strong>und</strong><br />

biologistische <strong>und</strong> totalitäre Kernthesen trotz Warnungen vor Übertreibungen <strong>und</strong><br />

Überspannungen unwiderlegbar auch <strong>die</strong>ses Nachwort <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong>s im Jahre 1935<br />

kennzeichnen.<br />

4. „Charakter <strong>und</strong> Schicksal“: Zum Abschnitt<br />

„Die Rassen- <strong>und</strong> Völkerunterschiede“ (1938)<br />

In der Dokumentation ad fontes <strong>Nohl</strong> wurden aus <strong>Nohl</strong>s umfassender <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>legender<br />

Schrift „Charakter <strong>und</strong> Schicksal“ 113 elf Seiten faksimiliert, nämlich das Kapitel „Die<br />

Rassen- <strong>und</strong> Völkerunterschiede“. 114 Beim Studium <strong>die</strong>ses Kapitels wird deutlich, dass<br />

<strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> schon bemerkt, dass <strong>die</strong> rassistische <strong>und</strong> biologistische Basis ein sehr<br />

schwankender Boden ist. Im Gr<strong>und</strong>e schildert <strong>Nohl</strong> <strong>die</strong> erheblichen Schwierigkeiten bei<br />

der Definition einer Rasse ebenso wie bei dem Versuch, „nationale Charakterform<br />

wissenschaftlich fest(zu)stellen“ (<strong>Nohl</strong>: Charakter <strong>und</strong> Schicksal, 1938, S. 159). <strong>Nohl</strong><br />

beginnt mit einer phänomenologischen Selbstbeobachtung, <strong>die</strong> in das unfreiwillig<br />

Komische hineinreicht:<br />

80<br />

„(…) <strong>und</strong> begegnen uns gar exotische Rassen, Mongolen, Neger, aber auch schon<br />

Inder oder Zigeuner, so unterliegt selbst der gebildete Mensch leicht dem Zwang,<br />

immer wieder hinsehen zu müssen; man steht wie erschrocken vor <strong>die</strong>ser andern<br />

Form des Menschseins.“ (<strong>Nohl</strong>: Charakter <strong>und</strong> Schicksal, 1938, S. 159)<br />

<strong>Nohl</strong> schließt seine Einleitung mit folgender Fragestellung:<br />

„Die große Frage, <strong>die</strong> sich hier auftut, ist nun wieder <strong>die</strong>selbe, <strong>die</strong> wir jedes Mal tun<br />

mussten <strong>und</strong> doch nie reinlich beantworten konnten: handelt es sich hier um geschichtliche<br />

Ergebnisse auf Gr<strong>und</strong> von historischen Schicksalen <strong>und</strong> einer geistigen<br />

Produktivität oder um biologisch bedingte Erscheinungen, <strong>die</strong> Auswirkung einer im<br />

Erbstrom festgelegten seelischen Anlage?“ (<strong>Nohl</strong>: Charakter <strong>und</strong> Schicksal, 1938,<br />

S. 160)<br />

Wer <strong>Nohl</strong>s polare Herangehensweise, das „Sowohl-als-auch“, aus all seinen gr<strong>und</strong>le-<br />

genden Schriften kennt, wird nicht fehlgehen in der Annahme, dass es auch bei <strong>die</strong>ser<br />

Fragestellung um eine Versöhnung <strong>und</strong> Harmonisierung von biologistisch-rassistischem<br />

<strong>und</strong> geisteswissenschaftlich-pädagogischem Denken geht. <strong>Nohl</strong> geht dann auch tatsäch-<br />

lich davon aus, dass sich „in der Sache geistesgeschichtliche <strong>und</strong> biologische Bedingt-<br />

113<br />

<strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Charakter <strong>und</strong> Schicksal. Eine pädagogische Menschenk<strong>und</strong>e, Frankfurt am Main<br />

1938.<br />

114<br />

[Dokumentation ad fontes <strong>Nohl</strong>: S. 379–390]

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