30.01.2013 Aufrufe

Herman Nohl und die NS-Zeit

Herman Nohl und die NS-Zeit

Herman Nohl und die NS-Zeit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

III. Nach 1945<br />

schem <strong>und</strong> politischem Verantwortungsbewusstsein zum Widerstand gegen <strong>die</strong> <strong>NS</strong>-<br />

Mordbanden aufzurufen. Der bereits vorgenommene Rückblick auf <strong>die</strong> Positionen<br />

<strong>Nohl</strong>s kurz vor <strong>und</strong> in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong> lässt deutlich werden, warum er keinesfalls mit<br />

Energie <strong>und</strong> Begeisterung <strong>die</strong> Analyse der Erziehungswissenschaft <strong>und</strong> Pädagogik in<br />

der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong> als eine zentrale Aufgabe nach 1945 ansehen kann.<br />

2. Das „Hildesheimer Manuskript“ (1946)<br />

Es ist Elisabeth Blochmanns Ver<strong>die</strong>nst, ausführliche Zitate aus einem Hildesheimer<br />

Manuskript 137 <strong>Nohl</strong>s von 1946 vorgelegt zu haben. Dieses Redemanuskript eines<br />

Vortrags vor Lehrern in Hildesheim ist nach Auffassung Blochmanns ursprünglich nicht<br />

für <strong>die</strong> Veröffentlichung vorgesehen gewesen, da es gründlicher Überarbeitung bedurft<br />

hätte. Dass Blochmann in ihrem Buch „<strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> in der pädagogischen Bewegung<br />

seiner <strong>Zeit</strong>“ (Göttingen 1969) längere Passagen zitiert, begründet sie damit, dass dem<br />

Text „ein biographisches <strong>und</strong> ein zeitgeschichtliches Interesse zukommt“ (<strong>Nohl</strong>:<br />

Hildesheimer Manuskript, 1946, S. 185). Als Hauptgedanke hebt sie hervor:<br />

„Ein jahrtausendalter Kampf um unsere deutsche Weltstellung hat ein tragisches<br />

Ende gef<strong>und</strong>en, außenpolitisch sind wir auf Generationen tot, ein zerbrochenes Volk,<br />

dem sein Machtwille genommen ist. Innenpolitisch geht es um unsere nackte leibliche<br />

<strong>und</strong> wirtschaftliche Existenz. Unsere Industrie ist zerstört, unsere Häuser, unsere<br />

Wohnmittel, Werkzeuge, <strong>die</strong> meisten unserer Kulturgüter <strong>und</strong> Erinnerungen, in denen<br />

<strong>die</strong> Gefühle unserer eigenen Jugend groß geworden sind – alles liegt an der<br />

Erde. Deutschland ist wie ausgebrannte Asche. Und <strong>die</strong>ser äußeren Vernichtung<br />

entspricht <strong>die</strong> innere. Auch da stehen wir vor einem Trümmerhaufen, einem Zusammenbruch<br />

unserer moralischen <strong>und</strong> intellektuellen Kultur, <strong>und</strong> bevor wir uns darüber<br />

nicht ganz klar geworden sind, <strong>und</strong> bevor wir auch hier <strong>die</strong> Trümmer einer Vergangenheit<br />

nicht sauber weggeräumt haben, wird auch im Geistigen der Neubau nicht<br />

gelingen.“ (<strong>Nohl</strong>: Hildesheimer Manuskript, 1946, S. 185)<br />

Wie ist es möglich, dass <strong>Nohl</strong> ernsthaft schreibt: „Ein jahrtausendalter Kampf um<br />

unsere deutsche Weltstellung hat ein tragisches Ende gef<strong>und</strong>en“? Was will <strong>Nohl</strong> damit<br />

sagen? Dass das zwölf Jahre dauernde „Tausendjährige Reich“ sein Ende gef<strong>und</strong>en hat,<br />

war ja nun nicht tragisch, sondern höchst erfreulich.<br />

Auch <strong>die</strong> Phrase „unsere deutsche Weltstellung“ impliziert ja keinesfalls eine Ablehnung<br />

imperialer deutscher Ambitionen. Gleichzeitig ist in <strong>die</strong>sem Satz <strong>die</strong> absurde<br />

137 <strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Manuskript zu einem Vortrag in Hildesheim 1946 ohne Titel (Auszüge), in: Blochmann,<br />

Elisabeth: <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> in der pädagogischen Bewegung seiner <strong>Zeit</strong> 1879–1960, Göttingen 1969,<br />

S. 185–188.<br />

93

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!