Herman Nohl und die NS-Zeit
Herman Nohl und die NS-Zeit
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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />
ohne <strong>die</strong>se Fragen soziologischer Art zu vertiefen, stehen sie nicht im Vordergr<strong>und</strong>. Im<br />
Gr<strong>und</strong>e ist klar, so <strong>Nohl</strong>, dass Volk, Staat <strong>und</strong> Nation erst noch eins werden müssen, es<br />
geht eher um das „Wie“.<br />
<strong>Nohl</strong> geht dann den Weg von der Pädagogik zur Propaganda eindeutig mit:<br />
„Damit ist nun schon ein Stück der pädagogischen Aufgaben sichtbar geworden, <strong>die</strong><br />
sich nun auf <strong>die</strong>ser Stufe der Bewusstheit auftun. Das Ziel ist immer ein doppeltes:<br />
Wecken, – man denke an das ‚Deutschland erwache!‘ – <strong>und</strong> Formen. Die großen<br />
Mittel für das Wecken sind Propaganda, Nationalfeste <strong>und</strong> Nationalspiel. Die ungeheure<br />
pädagogische Bedeutung der Propaganda ist uns jetzt erst ganz bewusst geworden<br />
(…).“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 104, Hervorhebung im Original)<br />
Hier wird der „pädagogische Bezug“ großräumig hergestellt: Das doppelte Wecken <strong>und</strong><br />
Formen des „Deutschland erwache“ werden fixiert, das nachfolgende „Juda verrecke“<br />
bleibt hier unausgesprochen. Eher technisch begeistert resümiert <strong>Nohl</strong> dann:<br />
„(…) heute hat das Auto einerseits, R<strong>und</strong>funk <strong>und</strong> Volksempfänger andererseits <strong>die</strong><br />
Möglichkeit gegeben, <strong>die</strong>se Propaganda auch auf das Land <strong>und</strong> in <strong>die</strong> kleinen Landstädte<br />
zu tragen <strong>und</strong> so wirklich auch den letzten Einzelnen in seiner Einsamkeit im<br />
Gebirge, im Moor in Hinterpommern <strong>und</strong> den Wäldern Masurens zu erregen <strong>und</strong> zu<br />
wecken.“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 104)<br />
<strong>Nohl</strong>, der genau Fest <strong>und</strong> Feier unterscheidet, sieht wohl <strong>die</strong> Olympischen Spiele in<br />
Berlin schon vor sich (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 104), hebt auf <strong>die</strong> Fußball-<br />
Nationalmannschaft <strong>und</strong> deren objektiv nationalpädagogische Funktion ab <strong>und</strong> schreibt:<br />
„Eine analoge Bedeutung haben <strong>die</strong> Nationalspiele, nur dass hier durch den Wettkampf<br />
noch ein besonderes volksbildendes Element hineinkommt, weil er in der ganzen<br />
Breite des Volkes den Ehrgeiz für <strong>die</strong> Steigerung der Kraft wachruft, <strong>die</strong> in der<br />
nationalen Mannschaft sich dann wieder mit anderen Völkern misst.<br />
Es handelt sich da um eine nationalpädagogische Angelegenheit größten Stils, auch<br />
wenn das dem Einzelnen, der mitkämpft, gar nicht bewusst wird, <strong>und</strong> es kommt darum<br />
für <strong>die</strong> formende Wirkung solcher Untersuchungen alles darauf an, dass sie in<br />
richtiger Haltung <strong>und</strong> Gesinnung geschehen.“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 106 f.)<br />
Und am Ende des siebten Kapitels heißt es dann eher trivial:<br />
„Unsere öffentlichen Fußballspiele waren vor kurzem noch in der großen Gefahr,<br />
nur Schaustellungen von Berufsspielern zu werden, <strong>die</strong> den Sieg um jeden Preis erringen<br />
wollten <strong>und</strong> dem eine johlende <strong>und</strong> den Schiedsrichter verprügelnde Masse<br />
zusah. Auch hier hat <strong>die</strong> neue Zuchtform unseres Volkes augenscheinlich schon Wesentliches<br />
verändert <strong>und</strong> wird es immer mehr tun, je stärker <strong>die</strong> nationale Verantwortlichkeit<br />
im einzelnen Spieler mitwirkt.“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 107)<br />
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