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Herman Nohl und die NS-Zeit

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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />

wobei sich Matthes im Unterschied zu Dudek gar auf Manfred Kittel 233 beruft. Zu den<br />

fünf genannten Personen wird weitgehend eine Positionierung nach der anderen anei-<br />

nandergereiht, um deren gr<strong>und</strong>legende Bedeutung für <strong>die</strong> Entwicklung der Pädagogik<br />

nach 1945 zu unterstreichen. Dabei werden auch <strong>die</strong> bisherigen Kritiken an <strong>die</strong>sen fünf<br />

„Säulenheiligen“ vehement zurückgewiesen. Der entscheidende methodologische Hebel<br />

für eine solche Apologie liegt auf der Hand: Der Analyse der Schriften aus der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />

wird zwar nicht vollständig, aber im Kern doch aus dem Weg gegangen.<br />

Als übergeordneter Gesichtspunkt zur Einschätzung der Geschichte der Pädagogik wird<br />

der Streit der Historiker (ohne den „Historiker-Streit“ zu erwähnen) genutzt, um eine<br />

Relativierung der Bedeutung der Analyse der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong> zu erreichen. Eine zweite,<br />

methodologisch nicht unbekannte Denkfigur ist es, reaktionäre Positionen, wie <strong>die</strong><br />

pauschale Verurteilung der Reeducation, aus dem M<strong>und</strong> einzelner jüdischer Emigranten<br />

vorzutragen, um sich dahinter zu verstecken. So werden <strong>Nohl</strong>, Spranger <strong>und</strong> andere mit<br />

taktischen Mitteln vor der direkten Kritik bewahrt, <strong>die</strong> Positionen vereinzelter jüdischer<br />

Emigranten wie ein Schutzschild aufgestellt.<br />

Durch eine Einordnung der Geschichte der Pädagogik in <strong>die</strong> Positionierung der BRD-<br />

Historiker zur <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong> wird zudem eine Flucht- <strong>und</strong> Schutzbewegung vorgenommen.<br />

Es wird zur Geschichtswissenschaft gewechselt <strong>und</strong> hier jene Richtung als Zeuge<br />

aufgerufen, <strong>die</strong> dem rechtskonservativen Relativieren der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong> das Wort redet.<br />

Matthes, <strong>die</strong> inzwischen als Mitglied des wissenschaftlichen Rats der Katholischen<br />

Akademie <strong>und</strong> als stellvertretende Vorsitzende der Sektion Historische Bildungsforschung<br />

der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft gewichtige Funktionen<br />

innehat, stellt abschließend zu Flitner, Litt, aber auch <strong>Nohl</strong>, Spranger <strong>und</strong> Weniger fest,<br />

dass deutlich gemacht werden konnte,<br />

„dass <strong>die</strong> fünf Pädagogen in der Nachkriegszeit nicht das konservative, reaktionäre,<br />

militaristische Establishment verkörperten, wie es ihnen von einer Reihe von Erziehungswissenschaftlern<br />

unterstellt wird.“ (Matthes 1998, S. 252, Hervorhebung im<br />

Original)<br />

Für <strong>Nohl</strong>s extremen völkischen Nationalismus findet Matthes <strong>die</strong> vornehme Formulierung:<br />

„Generell neigt <strong>Nohl</strong> – wie viele Wissenschaftler seiner <strong>Zeit</strong> – zu volksontologi-<br />

233 Kittel, Manfred: Die Legende von der „zweiten Schuld“. Vergangenheitsbewältigung in der Ära<br />

Adenauer, Berlin/Frankfurt am Main 1993.<br />

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