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Herman Nohl und die NS-Zeit

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II. Publikationen in der <strong>NS</strong>-<strong>Zeit</strong><br />

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wusstsein, redet auch ohne Worte <strong>und</strong> wird wortlos verstanden.“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung,<br />

1933/34, S. 96)<br />

Die praktische Bedeutung des „Symbolwillens“ für den auch an der Militärpädagogik<br />

interessierten <strong>Nohl</strong> wird im nachfolgenden Absatz deutlich:<br />

„Die soldatische Existenz hat <strong>die</strong> führende Kraft des Symbols der Fahne nie vergessen,<br />

<strong>die</strong> Todesbereitschaft des Kriegers brauchte den metaphysischen Mythos zu<br />

notwendig.“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 96 f.)<br />

Es fällt schwer, <strong>Nohl</strong> hier nicht recht zu geben. Die Elemente der Analyse, selbst der<br />

Rückgriff auf Analysen Hegels über Symbole in dessen „Ästhetik“, sind stimmig. Das<br />

gr<strong>und</strong>legende Problem bleibt aber, dass <strong>Nohl</strong> derartige Methoden der Überwältigung<br />

nicht ablehnt, sondern den „metaphysischen Mythos“ unterstützt, fördert <strong>und</strong> fordert:<br />

„Wenn jetzt in der Morgenfrühe der Kreis junger Menschen um den Fahnenmast<br />

steht <strong>und</strong> mit dem Lied das Hissen der Flagge begrüßt, spürt jeder den Schauer der<br />

metaphysischen Wirklichkeit der Volksgemeinschaft <strong>und</strong> erfährt <strong>die</strong> formende Gewalt,<br />

<strong>die</strong> nur das Symbol besitzt.“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 97 f.)<br />

Zum dritten Abschnitt der Vorlesung: „Das bewusste Leben der Nation“<br />

Zum siebten Kapitel „Das Selbstbewusstsein eines Volkes <strong>und</strong> seine<br />

Erziehungsmittel“: „Man denke an ‚Deutschland erwache‘ “<br />

Auf den sieben Seiten <strong>die</strong>ses Kapitels begibt sich <strong>Nohl</strong> in den Bereich der Diskussion<br />

über Volk, Nation <strong>und</strong> Staat. Sein Ausgangspunkt ist:<br />

„Wir müssen nun heute einen dritten Schritt tun, nämlich den vom Volk zur Nation<br />

<strong>und</strong> zum Staat, denn nicht jedes Volk ist ja Nation, <strong>und</strong> jedes Volk ist auch nicht<br />

Staatsvolk. Ist doch unser eigenes Volk auf <strong>die</strong> verschiedensten Staaten in der Welt<br />

zerstreut.“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 98)<br />

Sein Material sind Fichtes „Reden an <strong>die</strong> Nation“, Renans Aufsatz „Was ist <strong>die</strong> Nation“<br />

von 1882, <strong>die</strong> Materialien der „Völkerpsychologie“ in Deutschland (<strong>die</strong> er dann in<br />

„Charakter <strong>und</strong> Schicksal“ 1938 genauer vorstellt) <strong>und</strong> <strong>die</strong> Erfahrungen mit Nationalfesten<br />

im revolutionären Frankreich. Originell absurd <strong>und</strong> der <strong>Zeit</strong> mehr als der Semantik<br />

angepasst, ist <strong>die</strong> Behauptung Geburt sei gleich Rasse: „Ursprünglich ist natio (= nasci)<br />

<strong>die</strong> Rasse“ (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 99).<br />

Eher altbekannt ist dagegen <strong>die</strong> Feststellung, dass „vor allem Kriegstaaten das Selbstbewusstsein<br />

der Nation“ erzeugen (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 103), <strong>und</strong> schon nicht<br />

mehr überraschend ist <strong>Nohl</strong>s Lob der Arbeitsfront, der Bauernfront <strong>und</strong> des Fests des<br />

1. Mai nach 1933 (<strong>Nohl</strong>: Vorlesung, 1933/34, S. 103). Auch wenn <strong>Nohl</strong> <strong>die</strong> wirklich<br />

wichtigen Fragen der Geschichte der Definitionen von Volk, Staat <strong>und</strong> Nation streift,

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