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Herman Nohl und die NS-Zeit

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IV. Zum Forschungsstand über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong><br />

3. Die 1990er Jahre bis heute<br />

Zum Verständnis des nachfolgenden Teils des Literaturberichts gehört, dass in den<br />

1990er Jahren keinesfalls in erster Linie über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> gestritten wurde. Die<br />

entscheidende Schärfe der Debatte, vor allem zwischen Heinz-Elmar Tenorth auf der<br />

einen <strong>und</strong> Wolfgang Keim auf der anderen Seite, entstand durch <strong>die</strong> Diskussion der<br />

Frage, inwieweit an den Nationalsozialismus, an das <strong>NS</strong>-Regime, eher systemtheoretisch<br />

an Niklas Luhmann orientiert herangegangen werden muss <strong>und</strong> so mehr erklärend<br />

als anklagend <strong>die</strong> Geschichte der deutschen Erziehungswissenschaft aufgearbeitet wird<br />

(Tenorth) oder aber ob einer wissenschaftlichen Aufarbeitung zwangsläufig eine<br />

Anklage innewohnt, so dass keinesfalls wertfrei <strong>die</strong> positive Haltung vieler deutscher<br />

Erziehungswissenschaftler zum Nationalsozialismus analysiert werden kann (Keim). Im<br />

Einzelnen ergibt sich folgendes Bild für <strong>die</strong> <strong>Zeit</strong> nach 1990:<br />

In <strong>die</strong>ser <strong>Zeit</strong>spanne erschienen außerdem noch folgende Arbeiten: In dem 1991 in<br />

zweiter überarbeiteter Auflage erschienenen Sammelband „Klassiker der Pädagogik“<br />

fasst Georg Geißler214 in seinem Beitrag über <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> <strong>die</strong> Hauptaspekte in dessen<br />

Schriften knapp zusammen. Der für <strong>die</strong> vorliegende Stu<strong>die</strong> besonders interessante Teil<br />

betrifft <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>einstellung, dass Pädagogik immer das Gute sucht einerseits, <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Anwendung <strong>die</strong>ses Leitsatzes auf <strong>die</strong> Situation 1933 andererseits. Die Errichtung der<br />

nispädagogik, Heft 10), Lüneburg 1988. In <strong>die</strong>ser nur sechzehnseitigen Schrift wird, anknüpfend an <strong>die</strong><br />

Lebensphilosophie <strong>und</strong> den Begriff des Lebens bei <strong>Nohl</strong>, ein theoretischer Rahmen für <strong>die</strong> Richtung der<br />

Erlebnispädagogik gesucht.<br />

Lee, Jong-Seo: Der pädagogische Bezug. Eine systematische Rekonstruktion der Theorie des pädagogischen<br />

Bezugs bei H. <strong>Nohl</strong> unter Berücksichtigung der Kritiken <strong>und</strong> neuerer Ansätze (Pädagogische<br />

Versuche, Band 15), Frankfurt am Main 1989. Diese Dissertation besteht im Wesentlichen darin, Kritiken<br />

an <strong>Nohl</strong>s Begriff des „pädagogischen Bezugs“, insbesondere durch Klaus Mollenhauer, zurückzuweisen<br />

<strong>und</strong> <strong>Nohl</strong>s eigenständige Leistung gegenüber Dilthey zu entfalten. Geschichtliche <strong>und</strong> zeitgeschichtliche<br />

Zusammenhänge finden sich in <strong>die</strong>ser begriffsorientierten Qualifikationsarbeit nicht.<br />

Lee, Jong-Seo/Jourdan, Manfred: <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> Jugendbewegung. Einige Überlegungen vor<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> der Diskussion über das Verhältnis von Pädagogik <strong>und</strong> Nationalsozialismus, in: Neue<br />

Sammlung, 30. Jg. (1990), Heft 2, S. 267–275. In <strong>die</strong>sem Artikel wird <strong>die</strong> Frage des „pädagogischen<br />

Bezugs“ in folgender Hinsicht neu beleuchtet. Martin Buber habe ausdrücklich gegen <strong>Nohl</strong>s „pädagogischen<br />

Bezug“ polemisiert, dass er eben doch ein erotisches Verhältnis sei (Buber, Martin: Reden über<br />

Erziehung, 7. Auflage, Heidelberg 1986., S. 30 f). <strong>Nohl</strong> selbst, so <strong>die</strong> Autoren, habe in „Die pädagogische<br />

Bewegung in Deutschland <strong>und</strong> ihre Theorie“ darauf hingewiesen, dass der sinnliche Moment im pädagogischen<br />

Bezug „viel mehr als das sexuelle“ sei, aber nicht als pathologische Sexualerscheinung zwischen<br />

Erwachsenen <strong>und</strong> Kindern, auch wenn <strong>Nohl</strong> von einem „besonderen Verhältnis der pädagogischen<br />

Fre<strong>und</strong>schaft junger Männer zu jüngeren Knaben“ ausgeht. (<strong>Nohl</strong>, <strong>Herman</strong>: Die pädagogische Bewegung<br />

in Deutschland <strong>und</strong> ihre Theorie, Frankfurt am Main 1949, S. 135)<br />

214 Geißler, Georg: <strong>Herman</strong> <strong>Nohl</strong> (1879–1960), in: Scheuerl, Hans (Hrsg.): Klassiker der Pädagogik, Band<br />

2: Von Karl Marx bis Jean Piaget, 2. überarbeitete <strong>und</strong> um ein Nachwort ergänzte Auflage, München<br />

1991, S. 225–240.<br />

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