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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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GEBRAUCHSHÖRSPIEL UND ZEITHÖRSPIEL AN DEN GRENZEN DES<br />

MISSBRAUCHS<br />

Das Vergnügen an der Stoffülle, die dem »Pionierhörspiel« <strong>und</strong> dem »Hörspiel als<br />

literarisch-dramatischer Reportage« zu Gebote stand, <strong>und</strong> die Freude darüber, daß sich in<br />

der Berichtform eine Methode, fast möchte man sagen ein »Dreh« gef<strong>und</strong>en hatte,<br />

aktuelle Wirklichkeit spielend leicht zu bewältigen, hat dann dazu geführt, daß von diesem<br />

Punkt an eine Phase begann, die – ohne Rücksicht auf literarische Wertmaßstäbe – mit<br />

dem Gebrauchs-Hörspiel als universaler, »funkischer« Möglichkeit operierte, gelegentlich<br />

bis zum Mißbrauch. Von Frankfurt aus begannen seit 1929 z. B. die juristischen<br />

Lehrspiele von Auditor, wie Mieter Schulze gegen alle, Strafsache Panicke oder<br />

Konkurssache Wurmbach, ihren Zug von Sender zu Sender. Im Schulfunk aber wird von<br />

damals bis heute mit nie gebrochener didaktischer Leidenschaft die Hörspielform als<br />

illustratives Unterrichts<strong>mittel</strong> benutzt, <strong>und</strong> es sind in den Funkhäusern Produktions- <strong>und</strong> in<br />

den Schulen »Auswertungs«-Gr<strong>und</strong>sätze entwickelt worden, durch die der erhobene<br />

Zeigefinger <strong>des</strong> Lehrers im Studio zwar einerseits schon vorweggenommen, aber<br />

andererseits zum Glück in der Klasse nicht überflüssig gemacht wird. Doch ist<br />

anzunehmen, daß die illustrative Anwendung <strong>des</strong> Hörspiels eines Tages durch das<br />

Schulfernsehen mit seinen drastischer reportierenden Möglichkeiten verdrängt wird.<br />

Nicht sehr viel näher an der eigentlichen Hörspielform, von der hier die Rede sein soll,<br />

liegen jene »Zeithörspiele«, die, in ihrer naiv-realistischen Art <strong>und</strong> mit ihrem Anspruch,<br />

Lösungen zu bieten, an die »Zeitstück«welle, Ende der zwanziger Jahre, bei unsern<br />

Theatern erinnern. Beide Erscheinungen entstammen derselben Quelle: der politischen<br />

Not <strong>und</strong> den durch sie geweckten verzweifelten Leidenschaften, die mit ihren wilden<br />

Simplifizierungen zwar künstlerisch nichts Bleiben<strong>des</strong> mehr hervorbrachten, dafür aber<br />

durch ihre politische Ahnungslosigkeit der ersten deutschen Republik den To<strong>des</strong>stoß<br />

versetzten. Theatergeschichtlich bezeichnend ist für die bloße Aktualitätsbedeutung<br />

mancher Stücke, daß Sensationserfolge zustande kamen, deren Autoren danach kein<br />

zweites, einigermaßen spielbares Werk mehr schrieben. Auch im R<strong>und</strong>funk gab es<br />

ähnliche Vorgänge <strong>und</strong> Stoffe, vor allem min<strong>des</strong>tens ein halbes Dutzend<br />

Arbeitslosenhörspiele. Nur von einem muß hier genauer berichtet werden, weil für die<br />

ganze Zeit symptomatisch ist, was mit ihm geschah.<br />

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