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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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So jedenfalls sieht es in einigermaßen normalen Zeiten aus, d. h. seit den Träumen Eichs<br />

wieder <strong>und</strong> auch schon vor 1933. In der Zwischenzeit aber geschah diese seltsame NS-<br />

Konformität zwischen Hörern <strong>und</strong> R<strong>und</strong>funk, die sich, wie man sieht, durchaus erreichen<br />

läßt, die aber nichts Gutes ist. Es ist das Schicksal <strong>des</strong> logos spermatikos: nur<br />

Teufelssaat geht überall auf, mit aller andern hat es große Not.<br />

Soviel über den Hauptgr<strong>und</strong>, weshalb man Eichs Träume als »Geburtsst<strong>und</strong>e <strong>des</strong><br />

Hörspiels« – nämlich als Geburtsst<strong>und</strong>e der notwendigen Herausforderung <strong>des</strong> Publikums<br />

durch das Hörspiel – bezeichnen muß. Seit der Sendung dieses Stückes begann das<br />

Wichtigste wieder: der Dialog, das Ringen mit einer inzwischen selbstbewußt gewordenen<br />

Hörerschaft, wobei auch die ärgerliche Folge natürlich unvermeidlich ist, daß die<br />

Allersimpelsten das meiste Selbstbewußtsein an den Tag legen.<br />

Nachdem ich dies unzweideutig gesagt habe, darf ich wohl, ohne zweideutig zu wirken,<br />

bekennen, daß ich mich im Falle der Träume dem lauten Protest ein wenig anschließen<br />

möchte. Das Werk hat sich nicht nur durch überragende Qualitäten Gegner gemacht,<br />

sondern auch dadurch, daß es noch keineswegs die Homogenität späterer Eich-Arbeiten<br />

besitzt. Auch verzichtet es leider nicht ganz auf plakative Schreckenswirkung; <strong>und</strong> das<br />

fällt bei einem, so zentralen <strong>und</strong> beängstigenden Entwurf, der den Anspruch erhebt,<br />

Gleichnis unserer ganzen heutigen Existenz zu sein, schwer ins Gewicht.<br />

Mein Haupteinwand, über den ich bald nach der Sendung mit Eich sprach, richtet sich<br />

gegen den zweiten Traum <strong>und</strong> gegen eine gewisse Verschwommenheit der Thematik <strong>des</strong><br />

ganzen Stücks. Das Einführungsgedicht hat den Tenor »Alles, was geschieht, geht dich<br />

an« <strong>und</strong> mahnt an die unaufhörlichen Schreie der Leidenden ringsum in der Welt. Eine<br />

große Vision, aber ein ganz anderes Thema als in vier von fünf Träumen <strong>und</strong> im letzten<br />

Gedicht mit seinem eschatologischen Aufruf, wach zu sein <strong>und</strong> gegen alle falsche irdische<br />

Ordnung Widerstand zu leisten!<br />

Bildete der Gedanke dieses ersten Gedichts den Rahmen der Träume, müßte es sich um<br />

Trauminhalte handeln, in denen Unmenschlichkeit dargestellt wird, Schmerz <strong>und</strong> sinnloser<br />

Tod durch verbrecherische Aktivität der Ungeheuer unter den Menschen – etwa wie im<br />

zweiten Traum. Aber ich fürchte, daß das kein gutes Hörspiel abgäbe. Poetische<br />

Erfindung solcher Schrecken wird heute von den jedermann zugänglichen<br />

Dokumentationen <strong>des</strong> Grauens weit übertroffen, wieviel mehr von dem realen Entsetzen.<br />

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