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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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Person unterstützen möchten –, kaum je überzeugend. Dagegen sind gr<strong>und</strong>ierende<br />

Dauergeräusche, wenn sie das Verrinnen von Zeit andeuten, oft höchst suggestiv: so<br />

Schröder-Jahns Wassertropfen in den Katakombenszenen der Mädchen aus Viterbo –<br />

oder die vielstrapazierten Uhren, die durch ihr Ticken eine Situation hörbar machen, bei<br />

der die Zeit im Schweigen vergeht – oder das monotone Plätschern <strong>des</strong> Wassers am<br />

Kahn, mit dem Gustav Burmester in Franz Hiesels Ol' man river in Erinnerung bringt, wie<br />

lange die Hilflosen schon auf dem Strom treiben – oder das Tönen der Flöte in Nelly<br />

Sachs’ Eli, mit dem das rastlose Wandern von einer Station zur anderen ausgedrückt wird<br />

(ähnlich wie in Mussorgskijs Bildern einer Ausstellung mit der »Promenade«-Melodie).<br />

Das »Zeitgeräusch«, die »Zeitmusik« scheint im Hörspiel fast immer eine Chance zu<br />

haben; alles, was bloß Raum <strong>und</strong> »Schauplatz« charakterisiert, fast nie. Das liegt<br />

bestimmt nicht nur daran, daß »Zeitgeräusche« meist leiser <strong>und</strong> unterschwelliger sind <strong>und</strong><br />

sich mit penetranter Monotonie sozusagen »einschleichen«.<br />

Die Erfahrung mit der besseren Eignung <strong>des</strong> Geräuschs zur Charakterisierung <strong>des</strong><br />

Zeitablaufs (im Gegensatz zur Charakterisierung von »Schauplatz« <strong>und</strong> Raum) weist auf<br />

eine weitere verwandte Möglichkeit hin, die damit zusammenhängt: nämlich, daß sich<br />

bestimmte behutsame Tonfolgen auch zur Erzeugung <strong>des</strong> Gefühls »Schweigen –<br />

langandauern<strong>des</strong>, tiefes Schweigen« eignen. Höchst poetisch hat das einmal Kurt Reiss<br />

in dem kleinen japanischen Hörspiel von der Spieldose demonstriert. Während der langen<br />

Gefühls- <strong>und</strong> Gedankenpausen zwischen den w<strong>und</strong>erlichen, absichtlich schwerfällig sich<br />

vorwärtsschleppenden Dialogrepliken drücken leise an- <strong>und</strong> abschwellende, sirrende<br />

elektronische Töne Stille aus – überzeugend schließlich auch <strong>des</strong>halb, weil diese<br />

»klingende Stille« nachher umgedeutet wird in das Singen der Sterne, das das blinde<br />

Mädchen zu hören glaubt. Und nicht weniger eindrücklich läßt Schröder-Jahn einmal mit<br />

Tönen schweigen: in dem englischen Hörspiel Karfreitag, wo je<strong>des</strong>mal, wenn Christus im<br />

Verhör wiederum eine Frage unbeantwortet läßt, eine leise Choralmelodie wie aus weiter<br />

Ferne anklingt.<br />

Mit solchen Überlegungen <strong>und</strong> Beispielen ist fast unmerklich der Übergang vom<br />

Hörspielgeräusch zur Hörspielmusik gemacht. Beide sind, wenn die Vorstellungen<br />

zutreffen, die wir heute darüber besitzen, nicht mehr isoliert voneinander zu verstehen. Im<br />

Gegensatz zu den Anfangsjahren <strong>des</strong> Hörspiels, in denen man mit breiten<br />

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