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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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vorstellen, daß keine der Szenen, keines der Schicksale etwas wie eine novellistische<br />

Fabel oder Pointierung besitzt. Alle sind nur Momentaufnahmen, erlauben nur einen<br />

Sek<strong>und</strong>enblick: in den Nachthimmel, über die unruhig Schlafenden einer Wohnbaracke,<br />

auf eine nächtliche Schwarzschlachtung oder andere halb <strong>und</strong> ganz kriminelle<br />

Handlungen, mit deren Hilfe die Menschen den Winter überlebten, auf einen<br />

Güterbahnhof mit einem Kohlenzug, in das selbstvergessene Spiel von Kindern oder<br />

Liebenden – <strong>und</strong> immer <strong>und</strong> immer wieder in das unaufhörliche Hungern, Hoffen <strong>und</strong><br />

Verzweifeln.<br />

An dieser Stelle <strong>und</strong> im Zusammenhang mit einer Kunstform, die alle Lebensvorgänge so<br />

in Momente zerlegt, ist auch der Hinweis am Platze auf eine technische Revolution, die<br />

nach dem Krieg, sozusagen als eine der wenigen zweifellos nützlichen Kriegsfolgen,<br />

stattfand: die allgemeine Einführung <strong>des</strong> Magnetophon-Aufzeichnungsverfahrens in den<br />

deutschen Funkhäusern <strong>und</strong> Hörspielstudios. Sie hat zwar, so seltsam das klingen mag,<br />

keinen erkennbaren schöpferischen Einfluß auf die Entwicklung der Kunstformen <strong>des</strong><br />

R<strong>und</strong>funks gehabt. Alles, was es später gab – Blenden, Schnitte usw. –, gab es auch<br />

schon vorher, <strong>und</strong> es wäre völlig abwegig zu glauben, daß der Begriff <strong>des</strong> Schneidens<br />

(wie es ja mit der Schere am Band nun zum erstenmal geschah) die künstlerische<br />

Methode, die man heute damit bezeichnet, erst ermöglicht hätte. Nein, das Band hat alles<br />

das, worauf die Entwicklung ohnehin hindrängte <strong>und</strong> was bereits ausgeprägt existierte,<br />

nur erleichtert <strong>und</strong> präziser gemacht: insofern aber war die Erfindung bedeutend.<br />

Sie war übrigens kurz vor dem Krieg, nach vielerlei Versuchen, allein in Deutschland<br />

zustande gekommen <strong>und</strong> hatte während <strong>des</strong> Krieges nur für militärische Zwecke, vor<br />

allem für Kriegsberichte, Verwendung gef<strong>und</strong>en. Die Alliierten lernten das<br />

Magnetophonband kennen, als sie Deutschland besetzten, übernahmen es aber erst viele<br />

Jahre später in ihre R<strong>und</strong>funkstudios. Bei uns wurde es bald nach Kriegsende allgemein<br />

eingeführt, auch in der Hörspielpraxis. Es scheint uns heute dort <strong>und</strong> überall so<br />

selbstverständlich, daß wir uns kaum vorstellen können, im englischen R<strong>und</strong>funk habe<br />

man noch vor wenigen Jahren – für Einblendungen sogar gelegentlich noch heute –<br />

Schallplatten benutzt.<br />

Die Funktion <strong>des</strong> Magnetbands <strong>und</strong> das Schnittverfahren sind inzwischen jedem Laien<br />

geläufig, so daß bei<strong>des</strong> hier keiner näheren Erläuterung bedarf. Wer die Technik kennt,<br />

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