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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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behandelt mehrfach, wie Graetz, in Jeden Abend Kammermusik (58) <strong>und</strong> Die Brüder (59),<br />

das Thema geschwisterlicher Abhängigkeit, allerdings mit dem wesentlichen Unterschied,<br />

daß bei ihm die Abhängigkeit weniger psychopathisch als gesellschaftskritisch gesehen<br />

wird. – Auch die Not der Kinder, die sich alleingelassen fühlen, entweder weil sie den<br />

Wechsel der Moralanschauungen seit Zusammenbruch <strong>und</strong> Nachkriegsverwirrung nicht<br />

begreifen oder weil sie, verwaist, herumgestoßen <strong>und</strong> innerlich mißhandelt werden – auch<br />

dieses Problem wird im Hörspiel immer wieder aufgegriffen. Die erste Version findet sich<br />

u. a. bei Hans Georg Brenner in seinem Hörspiel Ein Stein in Ziskas Garten (57), die<br />

zweite in Wolfdietrich Schnurres Ein Fall für Herrn Schmidt (57). Schnurre hat eine<br />

stattliche Anzahl von Hörspielen geschrieben, in denen sich rein literarische, novellistisch-<br />

zeitgeschichtliche <strong>und</strong> psychologische Absichten zusammenfinden; bei der Handhabung<br />

der Hörspielform verführt ihn die gewohnte Freiheit der epischen Erzählweise immer<br />

wieder, die einfache Perspektive aus einheitlichem Augenpunkt außer acht zu lassen.<br />

Doch ist auch seine Nächtliche Begegnung (54), diese düstere Begebenheit aus drei<br />

Handlungen, in denen psychologische Relikte aus der zurückliegenden verworrenen Zeit<br />

die unheimliche Triebkraft bilden, sehr gelungen.<br />

Mit Schnurre <strong>und</strong> Hey sind wir bei der Berliner Schule von Hörspielautoren, um deren<br />

Förderung – einzigartiger Fall unter Bühnenverlegern – sich Maria Sommer, Leiterin <strong>des</strong><br />

»Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs«, große Verdienste erworben hat. Wichtigste<br />

Exponenten sind: Benno Meyer-Wehlack, der 1957 für sein kleines Hörspiel Versuchung<br />

den Hörspielpreis der Kriegsblinden erhielt, <strong>und</strong> der nicht weniger preiswürdige Peter<br />

Hirche, an dem aber, ebenso wie an Hoerschelmann, die repräsentativste deutsche<br />

Hörspielauszeichnung bisher immer vorbeiging. Ferner gehört hierher Johannes Hendrich<br />

mit <strong>seiner</strong> erregenden psychologischen Hörspielstudie Das Haus voller Gäste (56) <strong>und</strong><br />

dem nicht weniger eindrucksvollen Sog (62). Beide Stücke stellen die Not der<br />

Vereinsamung dar, das erste am Schicksal eines Mannes, das zweite an dem einer<br />

alleingelassenen alten Frau. Was Hirche <strong>und</strong> Meyer-Wehlack betrifft, so gehören sie –<br />

neben Rys <strong>und</strong> Wellershoff – zu den wichtigsten Autoren zwischen dreißig <strong>und</strong> vierzig, die<br />

nun in die erste Reihe vorrücken werden, falls es ihnen gelingt – was freilich notwendig<br />

wäre –, ihrem bisher nur schmalen Werk mit weiteren Arbeiten eine gewisse Abr<strong>und</strong>ung<br />

zu geben. Nach Eich <strong>und</strong> Hil<strong>des</strong>heimer, nach Frisch <strong>und</strong> Dürrenmatt sind sie als nächste<br />

am Zug.<br />

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