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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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Gerichtsverhandlung der freßlustigen alten Männer dialektisch-dramatisch so<br />

ausgerichtet, daß der Akkord uns den sehr »realen«, geradezu kalvinistisch nüchternen<br />

Gedanken aufzwingt: wir alle, die gesamte heutige Gesellschaft, sind Mörder.<br />

Den drei Autoren, die wir mit ihren Hörspielen unter dem Begriff »Satire«<br />

zusammenfassen dürfen, hat die junge Kunstform außerordentlich viel zu verdanken. Sie<br />

vertreten übrigens mit ihren Geburtsjahrgängen 1911 (Frisch) bis 1921 (Dürrenmatt),<br />

wobei Hil<strong>des</strong>heimer (1916) genau in der Mitte steht, gemeinsam auch eine mittlere<br />

Generation zwischen der älteren, die heute etwa bis Eich (1907) reicht, <strong>und</strong> der jüngeren,<br />

die etwa mit Ingeborg Bachmann (1926) beginnt. Auch Dürrenmatt hat, wie Hil<strong>des</strong>heimer,<br />

mit einem von Kafka angeregten Hörspiel begonnen, es handelt sich nach <strong>seiner</strong> eigenen<br />

Angabe um eine <strong>seiner</strong> ersten Arbeiten noch aus der Studentenzeit: Der Doppelgänger.<br />

Auch Frisch liebt, wie Hil<strong>des</strong>heimer, diejenigen, die eine falsche Rolle spielen, nur steckt<br />

bei ihm mehr Ernst <strong>und</strong> mehr Bedeutung dahinter als bei jenem, der wirklich nur tanzt, die<br />

Realität nur ad notam nimmt, indem er sie, wie Nietzsche sagt, »ab <strong>und</strong> zu mit den<br />

Fußspitzen anerkennt«.<br />

Frisch hat übrigens außer der ursprünglich als Hörspiel geschriebenen Großen Wut <strong>des</strong><br />

Philipp Hotz (58) <strong>und</strong> dem mißglückten, bisher nur einmal gesendeten Herrn Quixote (55)<br />

nur zwei Hörspiele verfaßt, die beide Vorformen für andere Arbeiten geworden sind. Rip<br />

van Winkle (53) gehört zum Stiller <strong>und</strong> stimmt in <strong>seiner</strong> Handlung ungefähr mit der<br />

Prozeßhandlung dieses Romans überein, Biedermann <strong>und</strong> die Brandstifter, uraufgeführt<br />

im März 1953 im »Bayerischen R<strong>und</strong>funk«, wurde vier Jahre später, vollständig<br />

umgeschrieben, zum gleichnamigen Theaterstück. Verglichen damit hat die Urform aber<br />

durchaus eigenes Leben <strong>und</strong> eine eigene Schönheit – nicht nur in den für die<br />

Bühnenfassung weggelassenen köstlichen Gesprächen zwischen Biedermann <strong>und</strong> dem<br />

»Autor«.<br />

Das satirische ist der Übergang vom literarischen zum dramatischen Hörspiel, das dann<br />

die Grenze, manchmal schon die Grenzüberschreitung zum Theater hin darstellt. Claus<br />

Hubalek hat mit seinem Östwestlichen Divan (54) eine köstliche Hörspielsatire<br />

geschrieben, das ist festzuhalten, auch wenn sie infolge der unmenschlichen Berliner<br />

Mauersituation, die nichts mehr zum Lachen übrig läßt, in grausamer Weise überholt<br />

wirkt; sein bedeuten<strong>des</strong> dramatisches Hörspiel Die Festung – Zusammenbruch<br />

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