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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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ausrichtete. Jedenfalls läßt sich wenig gegen die Behauptung sagen, daß den<br />

Dramaturgen <strong>des</strong> Hamburger Senders Draußen vor der Tür in den Schoß fiel <strong>und</strong> daß erst<br />

1950/51, mit dem Auftreten Eichs, das neue Hörspiel seine Existenz begann, die<br />

geschlossenste, die es in <strong>seiner</strong> Geschichte bisher kannte.<br />

Für die Darstellung wird nunmehr allerdings erschwerend sein, daß der Beginn dieses<br />

wichtigsten Abschnittes zugleich auch das Ende <strong>des</strong>sen ist, was Hörspielgeschichte<br />

heißen kann, denn damit hebt die un<strong>mittel</strong>bare Gegenwart an. Vielleicht läßt sich da <strong>und</strong><br />

dort bereits eine Entwicklungslinie ahnen, doch läßt sie sich nicht mehr analytisch zeigen.<br />

Man kann nur der Geschichte der einzelnen Dichter nachgehen.<br />

Über Wolfgang Borchert <strong>und</strong> sein Werk, <strong>des</strong>sen seltsam gleichnishaftes Aufscheinen<br />

keine Parallele in unserer Literaturgeschichte hat, soll nach dem, was schon gesagt<br />

worden ist, nur noch unter einem einzigen Gesichtspunkt gesprochen werden. Bei allen<br />

ähnlichen Durchbrüchen, bei Sturm <strong>und</strong> Drang, Jungem Deutschland <strong>und</strong> Naturalismus,<br />

handelte es sich stets um Generationen <strong>und</strong> Schulen. Borchert aber ist nichts als ein<br />

Einzelfall, der sich nicht einmal selber versteht. Oder soll man etwa dieses expressive,<br />

kindsköpfige »Manifest« als Programm anerkennen, das sich als Opposition gegen die<br />

Feldwebel, die Grammatik, das wohltemperierte Klavier <strong>und</strong> das deutsche Rilke-Herz<br />

stark macht? Sein Autor nimmt zwar »die« Wahrheit, »den« Protest, die »lilane Nacht«<br />

<strong>und</strong> das leidende Deutschland für sich in Anspruch, enthüllt aber zugleich einen großen<br />

Mutter-Komplex.<br />

Wer Borchert liebt, sollte sich hüten, aus ihm eine geprägte poetische Figur zu machen,<br />

einen Dichter, der sich <strong>seiner</strong> Kunst <strong>und</strong> ihrer Mittel bewußt war <strong>und</strong> als »Gesamtwerk«<br />

Beiträge zu den modernen Formen der Lyrik, der Kurzgeschichte <strong>und</strong> <strong>des</strong> Theaters<br />

hinterließ. Nichts von alledem: hier brüllte einer Volkslieder, empfindsame <strong>und</strong> zotige, die<br />

er sich als Sterbender aus Verzweiflung <strong>und</strong> Angst im Augenblick <strong>des</strong> Singens<br />

zusammenreimte. Seine Bedeutung liegt darin, daß das Zeitgeschehen allen andern die<br />

Sprache verschlagen hatte <strong>und</strong> daß ihm die Zunge zuerst <strong>und</strong> stellvertretend für viele<br />

gelöst wurde.<br />

Es läßt sich nicht abstreiten, daß 1957, als Draußen vor der Tür aus Anlaß <strong>des</strong> zehnten<br />

To<strong>des</strong>tages erneut über unsere Bühnen ging <strong>und</strong> noch einmal volle Häuser machte, eine<br />

allgemeine Enttäuschung bei Presse <strong>und</strong> Publikum spürbar war. Wäre das Stück nicht<br />

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