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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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das Wort »Frieden« kann er ohne Anstoß aussprechen. Die Idee ist etwas weniger<br />

kurzweilig als die Ionescos, dafür sehr viel moralischer. Doch auch hier wird die Pointe,<br />

werden Sinn <strong>und</strong> Witz sämtlicher Wortverdrehungen unverständlich, wenn man die<br />

Imagination durch die wenigen unverdrehten Worte nicht zuläßt. Sie beherrschen das Feld<br />

zwar vielleicht nicht quantitativ, aber doch ganz <strong>und</strong> gar.<br />

Übrigens: nichts gegen solche Späße! Ihre Möglichkeit ist nicht nur wohlbekannt, sie sind<br />

auch beliebt <strong>und</strong> gelegentlich – z. B. in Hil<strong>des</strong>heimers genanntem Atelierfest – schon in<br />

wesentlich amüsanterer Form verwirklicht worden als bei Knilli <strong>und</strong> Ionesco. Daraus die<br />

Weltanschauung »Schallspiel« <strong>und</strong> ein polemisches Büchelchen zu machen, mit <strong>des</strong>sen<br />

Titel auf die Publizität <strong>des</strong>sen spekuliert wird, was es bekämpft, <strong>und</strong> ferner, um dieser<br />

Sache willen gar die vierzigjährige Entwicklung einer Kunstform über Bord zu werfen, an<br />

der nun schon zwei Generationen beachtenswerter Autoren mit Leidenschaft werken, ist<br />

ja wohl Eulenspiegelei.<br />

Aber stellen wir einmal die Frage, die am nächsten liegt: kann es das überhaupt geben,<br />

ein »totales Schallspiel«, das nicht imaginiert, sondern bloß, vorwiegend mit der<br />

übermäßig gepriesenen Elektronik <strong>und</strong> musique concrète, eigenwillige<br />

Geräuschhervorbringung ist? Die Geräusche <strong>und</strong> Töne dürfen an nichts erinnern, man<br />

darf sich nichts dabei vorstellen, denn »Die Erinnerung, sagt Prieberg«, sagt Knilli, »ist<br />

der Tod der absoluten, bildfreien Musik <strong>und</strong> <strong>des</strong> absoluten, bildfreien Hörspiels.« ∗ Aber<br />

Knilli tut uns im ganzen Buch nicht ein einzigesmal den Gefallen, zu erklären, wie er nun<br />

noch den Unterschied von Hörspiel <strong>und</strong> Musik definieren will. Oder meint er es nicht ganz<br />

so ernst, geht es ihm nur um ein bißchen Akzentverschiebung zu Ungunsten der<br />

sinnhaften Sprache <strong>und</strong> zugunsten von Geräusch <strong>und</strong> Gestammel? Mit einem Bense-Zitat<br />

spricht er über solche Dinge als über eine »von sprachlichem Sinn losgelöste Schönheit«.<br />

Seine unverkennbare Vorliebe für die Lärmhörspiele der ersten R<strong>und</strong>funkjahre, für<br />

Sprechchöre, für die Hörspiele der frühen Nazi-Zeit, die »mit chorischen Partien<br />

(ekstatischen Rufen, Gestammel), allegorischen Elementen, selbständigen Geräuschen<br />

<strong>und</strong> Musikpassagen eine reißerische Sinnenhaftigkeit« erzielten, ferner für die Funkoper<br />

(von der er freilich nicht viel weiß) <strong>und</strong> für den »Bruitismus« – all das könnte darauf<br />

hindeuten, daß er, wie Anfänger <strong>und</strong> Laien oft, diejenigen Hörspiele für die<br />

∗ Fred K. Prieberg ist einer der Kronzeugen Knillis. Er schrieb Musica ex machina, Frankfurt-Berlin 1960.<br />

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